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Bin Jip

Geschichte einer magischen Liebe

Die Magie liegt in den Bildern, nicht in den Worten. Reden tun die anderen. Zwischen dem jungen Paar Tae-suk und Sun-hwa ist es mehr wie ein Tanz oder ein Schattenspiel. Gesten und Blicke reichen aus.

Am Anfang bricht Tae-suk in Wohnungen ein, deren Besitzer verreist sind. Doch er klaut nichts, er will nur eine Nacht dort leben, daheim in fremden Wohnungen. Jedes Zuhause ist gut genug. Er vergißt nie, zum Andenken ein Foto von sich und den Wohnungsinhabern zu schießen, die meist in Bildern anwesend sind. In einem reichen Haushalt stößt er auf das unglückliche Model Sun-hwa, das von ihrem Mann wie ein Haustier gehalten wird und mit ihm durchbrennt. Von nun an besuchen sie zu zweit die Wohnungen, leben dort wie ein Ehepaar. Als sie entdeckt werden, muß er ins Gefängnis, sie zurück zu ihrem Mann. Doch damit ist die Liebe nicht zu Ende.

Kim Ki-duk erzählt in seinem neuen Film eine wahrhaft große Romanze und spinnt sie auf raffinierte und fesselnde Weise fort ins Metaphysische. Behutsam führt er den Zuschauer über die Schwelle zum Traum, und das Immaterielle wird genau so wichtig und real wie all das, was man besitzen kann. Bis dahin muß Tae-suk aber etwas Wichtiges lernen: daß nichts was er tut, ohne Folgen ist. Die Menschen, so unterschiedlich sie auch leben, sind durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden.

Klingt pädagogisch? Ist es auch ein wenig. Aber von Kim Ki-duk läßt man sich allemal gerne belehren, zumal seine Bild-Parabeln zu komplex sind, um sie in eine simple Botschaft zu übersetzen. Wie zuletzt in SAMARIA beeindruckt der ruhige Bilderfluß, der die Geschichte aber stets voranbringt. Die offene Gewalt, welche die vorangegangenen Filme kennzeichnet, tritt ein wenig zurück. Es ist immer noch eine kalte und unpersönliche Welt, aber ihre Leere läßt sich anfüllen mit Romantik und menschlichem Einverständnis.

Mit BIN JIP setzt der Regisseur seine Reflexion über das Verhältnis von Tradition und Moderne fort. Er selbst ist Traditionalist, so viel ist klar. Wichtiger für den Zuschauer aber: Er darf am Ende aus dem Kino schweben.

Originaltitel: BIN JIP

Südkorea 2004, 90 min
Verleih: Pandora

Genre: Liebe, Drama

Darsteller: Lee Seung-yeon, Jae Hee

Regie: Kim Ki-duk

Kinostart: 11.08.05

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...