Originaltitel: CALL ME BY YOUR NAME

I/F/USA/Brasilien 2017, 132 min
FSK 12
Verleih: Sony

Genre: Drama, Liebe, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Timothée Chalamet, Armie Hammer, Esther Garrel, Michael Stuhlbarg, Amira Casar

Regie: Luca Guadagnino

Kinostart: 01.03.18

42 Bewertungen

Call Me By Your Name

Das i-Tüpfelchen zum Glück

Ach, diese Landhäuser! Alt und restauriert versteht sich, mit der dazu passenden geschmackvollen Einrichtung. Ein scheinbar endloser Sommer, der mit archäologischen Studien, Lesen, Baden und kleinen Flirts verbracht wird. So sieht das Leben des 17jährigen Elio im Jahr 1983 aus, einfach paradiesisch. Ach ja, Elio versteht sich bestens mit seinen ausgesprochen kultivierten Eltern, spricht drei Sprachen fließend und improvisiert frei auf dem Klavier. Nennt man das Glück? Noch nicht ganz. Und von diesem kleinen „noch nicht“ erzählt der Film so leicht und zugleich so intensiv, daß die Kinobesucher die Sessel nicht eher verlassen, als bis sie die ganze Fülle des Sommers gespürt haben.

Im See wird ein antiker Adonis geborgen, den es zu untersuchen gilt. Und zeitgleich trifft ein amerikanischer Supermann ein, Oliver, Student und für sechs Wochen der neue Assistent von Elios Vater. Zunächst muß Elio sein Bett für ihn räumen, was ihn ärgert, außerdem findet er Oliver arrogant. Doch dann wird ihm klar, daß er das Bett mit diesem Liebling der Götter am liebsten teilen will. Alle Sinne sind geschärft, und die versammelte Unreife, die der ansonsten so frühreife Junge noch in sich trägt, kommt in seinem Verhalten zum Vorschein. Doch auch Olivers Zeichensprache ist nicht gerade sehr eindeutig.

Fast zweieinhalb Stunden sanfte Verführung – weder zu lang, noch zu kurz. Denn die Verfilmung des Romans von André Aciman setzt ganz auf den Moment und die sinnliche Erfahrung. Alles, selbst die Arbeit, ist hier konsequent nur Anlaß für geistiges wie körperliches Vergnügen. Kein Schatten trübt das schöne Beisammensein, außer, daß der herrliche Sommer und die Freuden der ersten großen Liebe ihr natürliches Ende haben. Das zu verarbeiten ist aber ja auch schon Aufgabe genug für einen Heranwachsenden.

In seinem neuen Film beweißt Luca Guadagnino Maß in jeglicher Hinsicht. Besonders fällt das harmonische Zusammenspiel der Hauptdarsteller auf, nachdem Guadagninos letzter Film A BIGGER SPLASH durch sein Over-acting fast unsehbar wurde. Behutsam auch der Musikeinsatz und die Historisierung. Die 80er Jahre, weiße Tennissocken und Discoflair werden gerade genug stilisiert, um als ein untergegangenes Zeitalter der Unschuld zu erscheinen. Nebenbei gibt es auch ein paar Lektionen für das Publikum, so über Sex mit Pfirsichen und über Eltern, die alles richtig machen.

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...