Noch keine Bewertung

Close To Home

Streifzüge, Grenzgänge, Stadterkundungen

Es braucht subtile, differenzierte Blicke, um aus Filmen über den Krieg nicht einfach nur Kriegs- sondern Menschenfilme zu machen. Und besonders dort, wo der Krieg den Alltag bestimmt, scheint auch die künstlerische Kraft zu wachsen, mit der sich diese anderen, diese unmittelbar und international verstehbaren Ein- und Übersichten gewinnen lassen. Von wo man nun schauen sollte, um die Situation in Israel zu verstehen? Dalia Hagar und Vidi Bilu, die beiden Regisseurinnen, versuchen es aus der Mitte Jerusalems, beinahe, ohne je den Blick von ihren Protagonistinnen und dem Stück Straße vor ihnen zu erheben.

Smadar, eine 18jährige mit ruhelosem Liebesleben und voll von trotziger Lebenslust, leistet mit der zurückhaltenden Mirit ihren Wehrdienst ab. Als Neulinge in der Einheit, eingesetzt für Paßkontrollen und Leibesvisitationen, lernen auch sie ihre Stadt anders kennen. Der Dienst nach Vorschrift bereitet beiden Probleme. Denn sie sind plötzlich konfrontiert mit einem Ausnahmezustand, der hinter den staatlichen auch die persönlichen Grenzen überschritten hat. Die Demütigung palästinensischer Frauen, deren Kinder kein Essen bei sich tragen dürfen, arabische Männern (Wie erkennt man die?), die zur Arbeit müssen und nicht gelassen werden, Busfahrgäste, die vor jedem alleingelassenen Gepäckstück in Panik ausbrechen. Noch gönnen sie sich heimliche Zigarettenpausen oder die Freiheit, einen eiligen Passanten auch ohne Kontrolle vorbeihuschen zu lassen ...

CLOSE TO HOME ist ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für die Kraft von Bildern, die nicht gezeigt, sondern suggeriert werden. Und es ist ein im besten Sinne weiblicher und im ersten Sinne menschlicher Blick auf diesen fernen Krieg. Denn Smadar und Merit sind Heranwachsende, mit sich und den ersten Männern Beschäftigte, denen das Mißtrauen gegen Regeln, die bedenkenlose Großzügigkeit gegenüber anderen, noch nicht abtrainiert werden konnten. Vielleicht muß man ihnen das wünschen, damit sie überleben. Vielleicht aber sollten die Wünsche viel maßloser sein, auf daß sie sich ihre "Schwächen" erhalten mögen.

Originaltitel: KAROV LA BAYIT

Israel 2005, 90 min
Verleih: mitosfilm

Genre: Drama

Darsteller: Smadar Sayar, Naama Schendar, Irit Suki

Stab:
Regie: Dalia Hager, Vidi Bilu
Drehbuch: Dalia Hager, Vidi Bilu

Kinostart: 12.04.07

[ Sylvia Görke ]