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Das große Museum

Faszinierende Beobachtung eines Bewahrungsapparats

Manchmal ist es besser, man weiß nicht, was dahintersteckt. Denn wenn das schöne alte Ölgemälde erst einmal von der Wand und aus dem Rahmen genommen ist, dann kommen mitunter schreckliche Dinge zum Vorschein. Winzige gefräßige Käfer etwa, die sich dieses Prunkstück zum Frühstück erkoren haben. Und dann muß der Fachmann ran. Beziehungsweise die Fachfrauen. Restauration ist mitunter ein schmutziges Geschäft. Und vor allem ein aufwendiges. Aber es geht um nichts weniger als die Bewahrung der Kunst, was selbst wiederum ein echtes Kunststück ist.

Wie der Käfer im Gemälde hat sich Regisseur Johannes Holzhausen über Jahre in das Kunsthistorische Museum in Wien eingenistet. Auch er labt sich an alten Leinwänden, aber zum Glück geht er freiwillig in die Außenperspektive und läßt uns teilhaben. An den beeindruckenden Abläufen hinter den Kulissen dieser altehrwürdigen Kulturinstitution, die sich wie eine jede ihrer Art im Wandel der Zeit behaupten muß. Passenderweise dazu hat Holzhausen das große Museum in einer besonders spannenden Phase besucht: Das Haus stellt sich selbst und seine Ausstellungen neu auf, ein Makeover soll sowohl Image als auch Innenräume aufpolieren, in neuem Glanze erstrahlen lassen. Dazu soll der alte Putz von den Wänden, neue Stücke müssen in die Sammlung, und ein neues Design für den Schriftzug soll auch gleich her.

Es verschlägt einem schon die Sprache, wenn man mitbekommt, mit welchem Aufwand solch ein Flaggschiff der geballten Kunstgeschichtserfahrbarkeit seetüchtig gehalten wird. Dementsprechend kommt Holzhausens Dokumentation auch ohne Off-Kommentar aus. Die Kamera schaut den Protagonisten dieses riesigen Bewahrungsapparats aufmerksam über die Schulter: angefangen bei den Putzkräften über die Damen und Herren vom Publikumsdienst, die kaufmännischen Leiter, die Mitarbeiter der PR-Abteilung bis hin zu den Restauratoren. Jeder trägt seinen Teil zur Erfüllung des Bewahrungs- und Bildungsauftrags bei. Mit einer Mischung aus Geduld und Faszination, wie sie besonders Letztere bei ihrer Arbeit an den Tag legen, begleitet Holzhausen das Geschehen und läßt den Zuschauer teilhaben. Manchmal ist es besser, man weiß, was dahintersteckt. Um würdigen zu können, was es alles braucht, damit dieses Gebäude der Bewahrung noch da ist, wenn man sich endlich mal wieder zu einem Museumsbesuch aufrafft.

Österreich 2014, 94 min
FSK 0
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation

Regie: Johannes Holzhausen

Kinostart: 16.10.14

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...