Originaltitel: ZIVOT JE CUDO

Serbien/F/Montenegro 2004, 154 min
Verleih: Concorde

Genre: Liebe, Poesie, Schräg

Darsteller: Slavko Stimac, Natasa Solak, Vesna Trivalic

Regie: Emir Kusturica

Kinostart: 16.06.05

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Das Leben ist ein Wunder

Romeo und Julia in Bosnien

Emir Kusturica gehört nicht zu den Regisseuren, die jedes Jahr einen neuen Film abliefern müssen. In der Zwischenzeit macht er Musik. Doch vielleicht war die Schaffenslücke jetzt zu groß. Denn das neue Filmwunder soll auf die Leinwand, und die Erwartungen sind unermeßlich hoch. Der letzte Spielfilm, SCHWARZE KATZE, WEISSER KATER, ist in den Programmkinos rauf und runter gelaufen und inzwischen Kult. Kann der Neue da anknüpfen? Eher nicht.

Gewiß: Kusturica bleibt der große Chronist der balkanischen Mentalität. Wie in UNDERGROUND wird jugoslawische Geschichte in einen fast surrealen Kunstkosmos aus Musik, ungezügelter Lebenslust und menschlicher Verwirrung übersetzt. Eine schildbürgerhafte Dorfgemeinschaft in der idyllischsten Einöde Bosniens. Hierher hat sich der serbische Ingenieur Luka zurückgezogen, um die stillgelegte Eisenbahn-Trasse nach Belgrad wieder aufzubauen. Von einem möglichen Krieg will er nichts wissen, bis dieser wirklich ausbricht, seine Frau das Weite sucht, und sein geliebter Sohn in Gefangenschaft gerät. Da fällt ihm eine muslimische Geisel zu, die Krankenschwester Sabaha. Eigentlich soll sie gegen seinen Sohn ausgetauscht werden. Doch Luka und Sabaha verlieben sich unsterblich ineinander und sind schon bald zwischen allen Fronten auf der Flucht.

Bis mit der romantischen Liebesgeschichte die eigentliche Handlung einsetzt, wird die Geduld des Zuschauers leider stark strapaziert. Bestimmt eine Stunde wird mit größter Fabulierlust der anarchische Zustand der Gesellschaft geschildert: wilde Feierei und deftige Keilerei, allerdings ohne eine bindende Handlung und ohne Identifikationsangebote. Kusturica verrennt sich heftig. Endlich kommen Emotionen ins Spiel, der Film gewinnt an Fahrt, entwickelt Rhythmus und Poesie, Tragik und Komik und fließt in magischen Bildern dahin.

Unverständlich bleibt dabei, warum der innere Konflikt des Helden, daß nämlich seine Geliebte gegen seinen Sohn getauscht werden soll, nicht wirklich bespielt wird. Doch es ginge auch so. Vorausgesetzt, die erste Stunde würde um dreiviertel gekürzt.

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...