D 2019, 117 min
FSK 12
Verleih: StudioCanal

Genre: Drama, Liebe, Literaturverfilmung

Darsteller: Luna Wedler, Jannik Schümann, Luise Befort, Victoria Mayer, Stephan Kampwirth

Regie: Tim Trachte

Kinostart: 10.10.19

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Dem Horizont so nah

… da, wo die Sonne untergeht

Anfangs fühlt man sich in exakt einer solchen Nicholas-Sparks-Gedächtnis-Schnulze gefangen, wie sie Titel und Plakat suggerieren: Jessica, 18, knallt an der Schießbude Danny, 20, fast ab, kriegt zum Dank eine Rose geschenkt und wird von ihm außerdem vorm potentiellen Unfalltod gerettet. Was gibt’s jetzt noch groß an Alternativen zum totalen Verlieben, obwohl den glatt geleckten Zukünftigen blonde Strähnchen und ein halbgewalkter 2-Tage-Bart zieren, er arrogant aus Schlafzimmeraugen schaut und mit Chauffeur zum kommenden Date braust? Dazu tönen unablässig hippe Songs, etwas Ruhe wäre ja echt unerträglich, und unsere eher bodenständige Jessica prangt wie ein Fremdkörper inmitten steril artifizieller Inszenierung.

Dann überschatten erwartungsgemäß dunkle Wolken das junge Glück, in Dannys Vergangenheit lauert Fürchterliches, es hat ihn zwar nicht ausweglos gebrochen, doch tiefe seelische Abgründe hinterlassen – und viel mehr. Eine Vorstellung erhalten wir, als die Kamera Überbleibsel des Geschehenen zum Vorwand nimmt, sich nahezu geifernd an seinen nackten Körper anzusaugen, unangenehme Berührung breitet sich aus. Und überdauert auch folgende Offenbarungen, weil lediglich ein kurzer, übersehbarer Hinweis zu Beginn die Jahreszahl 1999 nennt, sich seither Entscheidendes änderte, die Dramatik daher heute schlicht völlig überzogen ist, schlimmstenfalls sogar kontraproduktiv auf die Wahrnehmung des Themas drückt. Es gilt also, sich dran zu erinnern: 1999.

Was indes kaum schmälert, was für universelle Kräfte ein förmlich umgekrempelt scheinender Film plötzlich zu entwickeln vermag. Da wirken zerstörerische Wutausbrüche nicht albern, sondern zwingend, gelingen gerade zwischen Jessica und der später auftauchenden Tina sichtlich verbundene Szenen. Überhaupt findet sich das komplette Ensemble überzeugend ins Düstere, Angeschossene, um Würde Kämpfende, Hilflose und trotzdem Beschützende, die zunehmend aufgebrauchte und schließlich oft einfach nicht zum Weitermachen reichende Stärke.

Nun ungeschönte Fragen nach Umgang mit Verlust und der menschlichen Wichtigkeit von Egoismus sind es, welche sich vom wattig umwölkten Sparks-Universum emanzipieren. Es haut schon ziemlich rein, wenn ein gemeinsamer Zukunftsblick – ganz simples Familienleben, nichts gespreizt Überkandideltes – sein Fundament auf Worten wie „wäre“ oder „hätte“ baut …

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...