D 2013, 121 min
FSK 12
Verleih: Concorde

Genre: Literaturverfilmung, Drama

Darsteller: Hannah Herzsprung, Florian Stetter, Marie Bäumer, Meret Becker, Hildegard Schmahl, Paula Beer

Regie: Vivian Naefe

Kinostart: 26.09.13

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Der Geschmack von Apfelkernen

Erinnerungscocktail in Bittersüß

Es waren einmal zwei Schwestern, die ihre Äpfel unterschiedlich verzehrten – die eine knabberte schüchtern ums Kerngehäuse herum, die andere verschlang entschlossen die ganze Frucht. Die eine hieß Bertha und hatte ein langes Leben, die andere starb viel zu jung an einer Lungenentzündung. So beginnt also ein Film, der sich drei Generationen von Frauen widmet und das Mannsvolk konsequent zur Staffage degradiert.

Von eben jener Bertha erbt Enkelin Iris das alte Haus, sehr idyllisch aufgestellt, wie pittoreske Bilder von sonnendurchfluteter Vegetation gleich beweisen, und wer’s nicht hört, für den wird im selben Atemzug verbal das Rauschen des Meeres gepriesen. Doch aller vorteilhafter Lage zum Trotz macht sich Iris Gedanken: Soll sie das Gemäuer nicht doch lieber ausschlagen? Zur Klärung jener entscheidenden Frage streift sie fortan durch die Zimmer, legt neben Staub und alten Möbeln auch Erinnerungen frei. Nicht jede von ihnen ist ohne Schmerz ...

Wie soll man nun diese Bestselleradaption finden, die statt zu erzählen lieber schwelgt, schwebt und mäandert? Die eine ganze Riege deutscher Star-Schauspielerinnen für sich gewinnen konnte, obwohl es nicht wirklich sooo viel zu spielen gibt? Die sich ständig mit dem mal melancholischen, mal penetranten Klang des klagenden Klaviers umgibt? Und die Klischees so geschickt verpackt, daß sie schon beinahe wie echte Figurenzeichnungen wirken? Tja – wie denn jetzt? Die Antwort liegt mehr denn je im individuellen Betrachtungswinkel verborgen. Entscheidend scheint dabei, ob ein Handlungsfluß von größter Ruhe als langweilig oder angenehm unaufgeregt wahrgenommen wird, die tatsächlich gelungene Verkettung von Zeitebenen dem künstlerischen Anspruch genügt, die teils bedrohlich nah am Kitschigen entlanglaufende Poesie eben gefühlt trotzdem das Gleichgewicht wahrt, und der Verzicht auf echte Reibungspunkte eher entspannt denn enttäuscht.

Vollkommene Einigkeit dürfte hingegen in zwei Punkten herrschen: Paula Beer in der Rolle des rothaarigen Biests Rosmarie ist eine derartige Entdeckung für die große Leinwand, daß man nicht umhin kommt, ihr trauriges Schicksal tatsächlich zu bedauern. Und Hildegard Schmahls kurzer Auftritt als demente, im Heim vegetierende Bertha gehört zu jenen Film-Augenblicken, welche den Zuschauer am Herzen packen, um es nachdrücklich in 1000 Stücke zu zerreißen.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...