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Der Imker

Kurdisch für Bienen

Im Grunde ist der Titel dieses Dok-Films viel zu bescheiden. Schon mittendrin, aber spätestens mit dem Abspann wird klar, daß er treffender nicht sein könnte. Denn Ibrahim Gezer will nichts anderes sein als DER IMKER. Jahrelang war er es in seiner kurdischen Heimat, jetzt, da es ihn in die Schweiz verschlagen mußte, liegen ihm die Bienen mindestens genauso sehr am Herzen. Er wollte ein Leben führen wie sie, geordnet, schön harmonisch. Er habe es nicht geschafft, resümiert der alte Mann ernüchtert. Das berührende, bildstarke und gelassen erzählte Porträt zeigt, weshalb er es nicht schaffen konnte.

Es ist also nicht der nächste Film über Insekten, ihr Wesen, ihre Bedrohung, ihren Nutzen. DER IMKER dreht sich auch nicht um die Arbeit mit ihnen. Zunächst mag es noch so aussehen. Da steht Ibrahim Gezer im Summherum, werden Kisten verladen, kommt ein flotter Spruch, wonach Bienenzucht eine süße Krankheit sei, und Stiche gut sind gegen Rheuma. Auch die Mär eines Kurden, der einen toten Mann mit Zwiebeln und Brot in den Taschen am Wegesrand findet und sich sehr über dessen Ableben wundert, weil man mit Zwiebeln und Brot eigentlich nicht sterben kann, ist eher unterhaltsam. Nach und nach aber geht ein Leben auf.

DER IMKER spielt vornehmlich in der Schweiz. Ibrahim Gezer hat dort, nach jahrelanger Flucht, einen Ort zum Wohnen gefunden. Hier leben ein paar seiner Kinder, treue Freunde, ein paar Bienenvölker. Keine 500 wie einst in Maraasch im türkischen Teil Kurdistans. Dort war Ibrahim der Erste weit und breit, der vom Honig leben und die Frau mit elf Kindern ernähren konnte. Bis seine Idylle gewaltsam zerstört wurde. Das Asyl sorgte nur für ein Durchatmen. Zu allem Unglück hatte man Ibrahim einst den Papieren nach um fünf Jahre jünger gemacht …

DER IMKER mag viele Sichtweisen erlauben, mag Kommentar sein zu aktuellen und unerträglichen Zuwanderungsdebatten, mag die Schweiz als Land ein wenig idealisieren. Hauptsächlich aber ist der Film eine berührende Ode an die Menschlich- und Genügsamkeit, an einen tapferen Mann, der Hiebe zwar nicht ohne Schäden und Spuren wegsteckt, dem ein Aufstehen aber noch stets gegeben ist.

Viele wortlose Momente hat Regisseur Mano Khalil eingefangen, und Ibrahim Gezer hat sie ihm geschenkt. Momente des Schmerzes, der Hoffnung und Freude, kleine Minuten, die nichts Zusätzliches brauchen, erst recht keinen Kommentar.

CH 2013, 107 min
FSK 0
Verleih: Brave Hearts

Genre: Dokumentation, Schicksal

Regie: Mano Khalil

Kinostart: 30.01.14

[ Andreas Körner ]