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Der Nebel

Das Grauen ist im Supermarkt

Regisseur Frank Darabont und Autor Stephen King sind füreinander geschaffen. Das zeigte sich bei Darabonts meisterhafter Adaption von DIE VERURTEILTEN - das Regiedebüt wurde damals mit OSCAR-Nominierungen überhäuft und gilt als modernes Meisterwerk. Später waren beide auch bei THE GREEN MILE erfolgreich liiert. Doch einen "richtigen" Horrorfilm hatte Darabont bisher noch nicht gedreht. Diesen lang gehegten Wunsch erfüllt sich der Genre-Fan nun mit DER NEBEL.

Dabei beginnt auch diese Geschichte Kings aus den frühen Achtzigern eher dramatisch als wirklich furchteinflößend. Ein Sturm verwüstet eine Kleinstadt im Bundesstaat Maine, der - wie wir es bei King nicht anders kennen - für alles Unheil dieser Welt herhalten muß. Die Stromversorgung ist plötzlich ausgefallen, und David Drayton ist gerade in diesem Moment mit seinem Sohn Ollie unterwegs zum örtlichen Supermarkt, um die nötigen Besorgungen zu erledigen. Dort angekommen herrscht gehörige Weltuntergangsstimmung, wie man’s so kennt nach Naturkatastrophen. Jeder kauft soviel, wie er kaum tragen kann, der Supermarkt ist zum Bersten mit Menschen gefüllt. Doch plötzlich kriecht ein merkwürdiger Nebel von den Straßen heran, der in Minutenschnelle die ganze Stadt in eine undurchsichtige Suppe verwandelt. Unter den Kaufgierigen kommt Unbehagen auf, das sich ganz schnell in pure Panik wandelt, als ein aufgelöster Typ zu ihnen stößt und aufgebracht von einem menschenvertilgenden Etwas im Nebel faselt. Der unsichtbare Schrecken erhält alsbald ein Gesicht, kein schönes wohlgemerkt, denn riesige Insekten dringen durch die Fensterfront zur Käuferschar. Die sich ängstigenden Menschen rücken zusammen, und eine durchgeknallte Jesus-Jüngerin überzeugt immer mehr Leute davon, daß nun doch das Jüngste Gericht gekommen sei. David und sein Sohn müssen schnellstens raus, doch jeder Schritt in den Nebel könnte tödlich sein ...

Es ist der große Trumpf dieser Horror-Mär daß Darabont und King es ganz meisterlich verstehen, vielschichtige Charaktere mit all ihren Schwächen zu zeichnen. Mit ziemlicher Spielfreude konzentrieren sie sich darauf, die einzelnen Figuren zu formen, sie immer extremeren Situationen auszusetzen und dadurch die Nerven aller am Geschehen Beteiligten an ihre Grenzen zu treiben - uns Zuschauer inklusive.

Die Spannungsschraube wird stetig weitergedreht, und man schreckt eben nicht davor zurück, auch zu zeigen, wozu Menschen unter Angsteinfluß in der Lage sind. Wir sind alles Wilde, die allenfalls durch Staat und Religion zusammengehalten werden - könnte eine beunruhigende, aber hier beängstigend realistische Botschaft sein. Zunehmend furchteinflößender werden die Bilder und sorgen für akutes Festkrallen im Kinosessel.

Dieser ziemlich heftige Trip mündet in einem der mutigsten Finale, die sich Hollywood in letzter Zeit zugemutet hat. Ein Finale, das einen zutiefst verstört in unserer nur scheinbar zivilisierten Welt zurückläßt.

Originaltitel: THE MIST

USA 2007, 124 min
Verleih: Senator

Genre: Horror, Literaturverfilmung

Darsteller: Thomas Jane, Marcia Gay Harden, Laurie Holden

Stab:
Regie: Frank Darabont
Drehbuch: Stephen King

Kinostart: 17.01.08

[ Lars Tunçay ]