Originaltitel: THE SQUID AND THE WHALE

USA 2005, 88 min
Verleih: Sony

Genre: Drama, Schicksal

Darsteller: Owen Kline, Jeff Daniels, Laura Linney, William Baldwin, Anna Paquin

Stab:
Regie: Noah Baumbach
Drehbuch: Noah Baumbach

Kinostart: 11.05.06

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Der Tintenfisch und der Wal

Bis daß der Tod Euch scheide?

Wenn Familie Berkman Tennis spielt, steht kein freundschaftliches Match auf dem Programm. Vielmehr scheint ein verbissenes Duell stattzufinden, in dem Vater Bernard seine Gattin Joan mit aller Macht bekämpfen möchte. Tatsächlich steht ihre Ehe vor dem Aus, weshalb beide Elternteile den gemeinsamen Söhnen eröffnen, sich trennen zu wollen. Für den kleinen Frank bricht eine Welt zusammen, der 16jährige Walt reagiert mit Aggression gegen Joan, welcher er die Schuld zuweist. Plötzlich gewinnen Possesivpronomen an Bedeutung, wird von "Deinem Vater" oder "Eurem Haus" gesprochen, während die Ex-Partner einen ohnmächtigen Privatkrieg inklusive erniedrigender Schlammschlachten führen. Auf der Strecke bleiben dabei – wie so oft – vorrangig die Kinder.

Das ist großes Schauspielerkino, dessen Protagonisten ihre Chance erkennen und nutzen: Während Jeff Daniels sein Gesicht hinter einem Vollbart versteckt und nur seine Augen sprechen läßt, stellt sich Laura Linney ungeschminkt, müde, oft gar verhärmt der Kamera. Auch die Nachwuchsdarsteller überzeugen. Kein Wunder: Regisseur und Drehbuchautor Noah Baumbach greift auf autobiographische Elemente zurück. Er weiß offensichtlich genau um die Nöte von Scheidungskindern, kennt ihre Zerrissenheit sowie ihre verzweifelten Rebellionsversuche, die Einsamkeit und nicht kanalisierbare Wut. Sein Skript analysiert nüchtern, stellt sich auf keine vermeintlich richtige Seite oder verteilt Sympathiepunkte. Alle Figuren dürfen Fehler machen, Schwäche zeigen, Hoffnung hegen beziehungsweise schlicht dumme Dinge tun – eben reale Menschen sein.

Allerdings erweist sich eine solche per se wunderbare Herangehensweise gleichzeitig als entscheidender Nachteil. Baumbach beobachtet nämlich mit der klinischen Kälte eines Wissenschaftlers, welcher unter seinem Mikroskop neue Lebensformen seziert, um mehr oder sogar alles über sie zu erfahren. So wohnt man als Zuschauer der Demontage dieser Familie zwar sehr interessiert, emotional jedoch gleichgültig bei und verläßt das Kino mit dem dumpfen Eindruck, daß Baumbach in allererster Linie wirklich eigene Erinnerungen verarbeiten wollte. Was zweifellos legitim ist, aber auch nicht selten für voyeuristisches Unbehagen sorgt.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...