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Der wunderbare Garten der Bella Brown

Umgraben mit Amélies Seelenschwester

Danke, Jeunet! Also ehrlich: Seit man sich damals unrettbar in DIE FABELHAFTE WELT DER AMÉLIE verliebt hatte, lauern sie an allen Ecken und Enden, die ähnlich empfundenen Titel, scheinbar kopierten Schrulligkeiten, wundervollen Schneewittchen-Darstellerinnen, schwebenden Soundtracks. Und jetzt die gute Nachricht: DER WUNDERBARE GARTEN DER BELLA BROWN hat großes Glück, weil alles davon. Gleichzeitig und zusammen.

Bella Brown heißt er also, dieser verlassene Unglückswurm von Baby, welcher sich just dem Tod durch Erfrieren nähert. Gottlob sind allerdings ein paar Enten zur Stelle und hudern das Kind, bis die Gefahr abgewendet ist. Logisch! Ebenso klar hat der Film da seinen Haken schon tief im Publikumsgeist versenkt, geht indes auf Nummer sicher, stellt vielleicht fünf verrückte Minuten lang Bellas weitere Biographie vor, visuell wie inhaltlich überbordend, gegossen in Szenen schönster Spinnerei, der zu entfliehen unmöglich scheint.

Dann kehrt etwas Ruhe ein, mit ihr Musik, in der man davonschwimmen möchte. Aber hiergeblieben und unser Fräulein Brown näher betrachtet: Die Haare … na ja, da könnte wer Hand anlegen, sonst alles picobello bei Bella, abgesehen von Phobie gegen die Flora ganz allgemein. Kurz gesagt, der Garten sieht zum Fürchten aus, was wiederum den ästhetischen Sinn des Verwalters schwer belastet, weshalb ein Ultimatum folgt – entweder kommt das Grundstück flugs in akkurateste Ordnung, oder die Dame fliegt raus. Auf Nachbar Alfie, Anhänger der Sklaverei, kann Bella vermeintlich kaum zählen; ob Witwer Vernon helfen mag? Und welche Rolle spielt eigentlich der schnuckelige Erfinder Billy?

„Laß Dich entführen ...“ verleitet das Plakat und hat damit ohne Abstrich ins Schwarze bzw. eben Grüne getroffen. Bella und das sie umgebende Ensemble (ver-)locken, öffnen das Gedankentor zu einer hinreißend eigenen, eigentümlichen, aus der Zeit gefallenen und rundum magischen Welt. Dort kommunizieren übellaunige Bibliothekarinnen über Texttafeln, bekommt sogar „Sid, der Zerzauste“ ein Stückchen Aufmerksamkeit ab, und dürfen sich Sonderlinge völlig frei entfalten. Wie Bella, die schüchtern an Keksen pickt, noch nie umarmt wurde und zum Buddeln den Beerdigungs-Schick wählt. Ihr huldigt jene zarte, trotzdem schwelgerische Erwachensgeschichte, die manchmal auch Traurigkeit birgt, aber das gehört dazu. Zu Märchen und zur Liebe.

Originaltitel: THIS BEAUTIFUL FANTASTIC

GB 2016, 100 min
FSK 0
Verleih: NFP

Genre: Komödie, Märchen, Poesie

Darsteller: Jessica Brown Findlay, Tom Wilkinson, Andrew Scott, Jeremy Irvine

Regie: Simon Aboud

Kinostart: 15.06.17

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...