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Der Zimmerspringbrunnen

Ostalgie verkauft sich - eine Vertretersatire

Nach der Vorlage des Romans von Jens Sparschuh regeneriert der Komödien-erprobte GO TRABI GO-Regisseur Peter Timm die viel gepriesene Aufbruchstimmung, die mit dem Abbröckeln der ersten Mauersteine den deutschen Osten überschwemmte.

Hinrich Lobek, dieser Held der neuen Zeit, hat die anfeuernden "Jetzt geht’s los!"-Rufe allerdings geflissentlich überhört und sitzt zunächst einmal im Unterhemd auf dem Sofa. Und weil er das wahrscheinlich seit zehn Jahren macht (so lange ist es her, daß die Mauer fiel), könnte man sich fragen, warum sein Gesicht noch nicht die Farbe der Tapete angenommen hat. Bevor Lobek in diesem vertrackten Suchbild aus Grünpflanzen und Einrichtungsideen der Honecker-Ära überhaupt nicht mehr auszumachen ist, nörgelt Ehefrau Julia ihren trägen Gemahl zum Arbeitsamt. Doch was man ihr dann nach Hause zurückschickt, ist nicht einfach ein Mann mit Job, sondern der lokale Handelsvertreter für die unentbehrlichste Sache der Welt: Zimmerspringbrunnen.

Immer erweist sich Timm als gerechter Satyr, denn er läßt die zur Faust geballten Klischees in Ost und West gleichermaßen einschlagen, düpiert die Jünger der marktwirtschaftlichen Gesetze auf einem Kölner Vertreter-Kongreß ebenso wie Anhänger von Ostalgie und verlorenem Inseldasein. Der Zimmerspringbrunnen ist Symbol für beides, denn er wird als Modell "Atlantis" (ein sprudelnder Fernsehturm in den Staatsgrenzen der DDR) zum echten Verkaufsschlager. Doch Lobek kämpft nicht nur an der Vertreter-Front, sondern auch um seine angeschlagene Ehe, die durch den eloquenten Wessi-Chef seiner Frau gefährdet scheint.

In der Rolle des Nebenbuhlers gibt Bastian Pastewka sein Leinwanddebüt und reüssiert dabei nur zum Teil, denn im Gegensatz zum ansonsten wunderbaren Schauspieler-Ensemble scheint er dem Witz des Drehbuchs nicht vollständig zu vertrauen und schießt in Gestik und Mimik manchmal übers Ziel hinaus. Dennoch werden ihm Fans von Karussell und City dafür dankbar sein, daß er mit Interpretationen ihrer größten Hits für etwas selige Nostalgie-Stimmung sorgt.

D 2001, 99 min
Verleih: Senator

Genre: Satire, Literaturverfilmung

Darsteller: Götz Schubert, Gustav Peter Wöhler, Simone Solga, Bastian Pastewka

Regie: Peter Timm

Kinostart: 29.11.01

[ Sylvia Görke ]