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Devot

Mord aus 1001 Nacht

Henry gabelt Anja nachts auf einer Brücke im Nirgendwo auf, der Preis ist schnell ausgehandelt. Doch dann gibt’s im düsteren Fabrik-Loft statt schnellem Sex eine lange Nacht der Täuschungen, ein mal packendes, mal zähes Verwirrspiel um Macht und Einsamkeit. Henry hat Heimvorteil und sieht zunächst wie der sichere Sieger aus: Ein schweigsamer Kontrollfanatiker, einer, der überall Kameras aufgebaut hat, der alles sieht, alles schon zu wissen glaubt und sich mit diesem Wissen insgeheim langweilt, der also nach Geschichten giert, nach dem Beweis des Lebens, dem Unvorhersehbaren.

Nun ist er an die Gelegenheitsprostituierte Anja geraten. Welche Verwirrung verbirgt sich unter ihrer billigen Perücke? Oder auch: Welches Geheimnis? Sie soll seine Scheherazade sein, ihm eine Nacht lang Geschichten aus 1001 Nacht erzählen, sonst liefert er sie den Bullen aus, dafür, daß sie versucht hat, ihn zu beklauen. Also beginnt das seltsame blasse Mädchen sich vor ihrem Peiniger wie ein Zwiebelchen zu schälen, Geschichte für Geschichte, Märchen für Märchen. Ein Nihilist, der ein Geheimnis wittert, ein blasses Mädchen, das es für sich behalten will, daraus folgen hier Mord und Totschlag.

DEVOT, von Regisseur Igor Zaritzki und seinem jungen Team in einer Hallenser Fabrikhalle gedreht, ist als Thriller allemal stringenter und einfach auch viel spannender als seine verquasten mitteldeutschen Vorgänger OVER THE RAINBOW oder DAS MONSTRUM. Der düstere Sultan und seine verzweifelte Geschichtenerzählerin, das sind zwei interessante Psychothriller-Figuren, der Plot schlägt genügend Haken, und vor allem sind Annett Renneberg und Simon Böer zwei glaubhaft Verirrte und ineinander Verkrallte in diesem Dunkelkammerspiel, das nur manchmal in seinem chronischen Pessimismus etwas überstyled und unbeholfen wirkt.

Da flüstert das düstere Fabrikloft-Design des Films etwas aufdringlich: "Das geht nicht gut aus." Und so mancher Dialog, der eigentlich aus der Tiefkühltruhe erkalteter Herzen kommen sollte, bibbert bloß bedeutungsschwanger im Theater-Präteritum vor sich hin.

D 2003, 92 min
Verleih: Academy Films

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Annett Renneberg, Simon Böer

Stab:
Regie: Igor Zaritzki
Drehbuch: Igor Zaritzki

Kinostart: 11.11.04

[ Christian Seichter ]