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Die Alpen – Unsere Berge von oben

Kein Vorsprung, trotz Technik

Über allen Gipfeln ist Ruh’? Von wegen! Am Himmel knattert nämlich ein Helikopter, und an dessen Unterseite montiert ist eine ursprünglich vom US-Geheimdienst entwickelte und in Deutschland verfeinerte Cineflex-Kamera, die tatsächlich berauschend scharf konturierte Bilder auch aus der Bewegung und aus großer Distanz heraus aufzunehmen vermag. Kein Verwackeln, kein Verwischen in der Tiefe. Ultraflexibles, hochauflösendes, kreisstabilisierendes HD. Vorsprung durch Technik!

So weit zum Werbeblock. Jetzt zu den Alpen, die nach Bavaria, Ostsee und ganz Deutschland von oben dran sind, aus der Vogelperspektive ausgiebig bebildert zu werden. Wieder mit Helikopter und Cineflex. Und wieder mit dieser auf Dauer etwas bräsigen Musik, die man wohl für angemessen hält in Anbetracht dieser „Mythenlandschaft“ (O-Ton) in Stein. Die Regisseure Peter Bardehle und Sebastian Lindemann flogen von Nord nach Süd und von Ost nach West, und die sympathische Stimme von „Tatort“-Kommissar Udo Wachtveitl sinniert, hier mal ein wenig metaphysisch, dort mal bodenständig kernig, über diese unwirtliche Landschaft inmitten des zivilisierten Europas. Eine Prise ökologisch motivierte Zivilisationskritik, ein wenig gute alte Romantikattitüde, dazu wallende Nebel, gravitätische Gipfel in goldenem Abendlicht, reißende Gebirgsströme und friedliche Alm-Kühe, denen man auch aus der Helikopter-Distanz meint, tief ins goldig treudoofe Auge blicken zu können. Die Technik macht’s möglich. Und garantiert in cineastischer Hinsicht dann eben doch keinen wirklichen Vorsprung.

Wer etwas Essentielles über die Alpen erfahren will, ist bei Luis Trenker nach wie vor besser aufgehoben. Das, wovon dieser Doku-Flug erzählen will (wenn er denn tatsächlich erzählen und nicht nur begeistert mit toller Technik spielen will), bleibt eine Luftnummer. Ein wenig aufgeblasen. Und inkonsequent auch. Denn wenn man, wie hier, schon den Blick auf die Alpen nicht nur als Naturereignis, sondern auch als historisch aufgeladene Landschaft versucht, die Tiroler Frontlinien des Ersten Weltkrieges oder die Architektur gewordenen Phantasmen eines König Ludwig von Bayern umfliegend, fällt es in Folge geradezu als Leerstelle auf, daß der Obersalzberg so gänzlich ignoriert wird. Das muß man nicht überbewerten. Symptomatisch für den Habitus dieser Erkundung ist es dennoch.

D 2013, 94 min
FSK 0
Verleih: Alamode

Genre: Dokumentation

Regie: Peter Bardehle, Sebastian Lindemann

Kinostart: 12.09.13

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.