D 2017, 93 min
FSK 12
Verleih: Salzgeber

Genre: Dokumentation, Biographie, Historie

Regie: Christian Weisenborn

Kinostart: 27.07.17

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Die guten Feinde

Erinnerung stiller Intensität

Wer kennt die Namen noch? Bei wem rufen sie Widerhall, Wissen gar, hervor? Namen, um nur die bekannteren zu nehmen, wie Harro Schulze-Boysen oder Arvid Harnack. Walter Küchenmeister oder Günther Weisenborn. Und wer hat schon mal etwas von der Roten Kapelle gehört?

Am Anfang von DIE GUTEN FEINDE steht ein Zitat: „Mich wundert immer, daß wir noch dieselben Gesichter haben wie die vor 3000 Jahren, obwohl so viel Haß und Leid durch sie gezogen ist.“ Ein Satz, der einerseits schwer wiegt, andererseits fragwürdig scheint. Schlicht, weil sich Gesichter, Physiognomien durchaus ändern. Nur die Menschen nicht.

Eine leise Skepsis mag man da spüren. Und sie steigert sich noch, ob der gewissen erzählerischen Standardmaschinerie, die auf diesen Anfang folgt. Ein Sohn erinnert sich seines Vaters. Der Sohn ist der Dokumentarfilmer Christian Weisenborn, sein Vater der Mann, von dem besagter Satz stammt. Der Schriftsteller und Widerstandskämpfer Günther Weisenborn (1902-1969). Einer von jenen Menschen mit Mut, Konsequenz und Geradlinigkeit. So wird’s verkündet auf der Tonspur zu getragener Musik. Nichts, dem man widersprechen will. Am Umstand aber, daß gerade auch in einer Doku zu viel Weihrauch die Sicht vernebelt, ändert das nichts.

Allerdings, es klart bald auf. Und das heißt auch, dieser Film klärt auf. Über ein entscheidendes Kapitel antifaschistischen Widerstandskampfes nämlich. Über Frauen und Männer, die sich ja tatsächlich mit Mut, Konsequenz und Geradlinigkeit den nationalsozialistischen Machthabern entgegenstellten. Und dafür oft mit dem Leben bezahlten.

Als Rote Kapelle bezeichnete die Gestapo diesen Gruppenverbund, der über 100 Personen faßte. Eine davon Günther Weisenborn. „Die guten Feinde“ heißt ein Theaterstück, das der nach dem Krieg über die Widerstandszeit schrieb. Die jetzt wiederum der Sohn in DIE GUTEN FEINDE auf eine Weise dokumentiert, ob der Weihrauch und Skepsis schnell verfliegen.

Eine fesselnde Chronik der Ereignisse. Ein stilles, empathisches Porträt imponierender Charakterstärke. Ein Film des Erinnerns. An den Vater und an dunkle Zeiten. Auch an die des späteren Kalten Krieges, in dem der Widerstand der Roten Kapelle im Osten heroisiert und im Westen diskreditiert wurde. Auf den jeweiligen ideologischen Mißbrauch folgte das Vergessen. Gegen beides positioniert sich dieser Film mit stiller Intensität.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.