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Die Höhle des gelben Hundes

Herzblutige Fabel um alternative Existenzen und den Wert der Freundschaft

Nachdem Byambasuren Davaa mit ihrem Regiedebüt, der GESCHICHTE VOM WEINENDEN KAMEL Botok, ein Überraschungserfolg glückte, hofften Filmfans in aller Welt auf Fortsetzung. Bitte schön, Frau Davaa tut uns nun den Gefallen! Doch gelingt es ihr, sich thematisch zu lösen, neue Pfade zu beschreiten?

Tatsächlich ist bei objektiver Betrachtung eine gewisse Ähnlichkeit zum Vorgänger nicht zu leugnen: Erneut stehen Nomaden im Mittelpunkt, und wieder dienen Tiere dazu, eine per se universelle Geschichte zu erzählen. Bleibt die Frage, ob man dies negativ bewerten möchte. Natürlich nicht! Weil es im Gegenteil unmöglich scheint, sich den atemberaubenden Landschaftsaufnahmen zu verschließen oder nicht mit der 6jährigen Nansa zu bangen. Sie findet mitten in der Steppe einen kleinen Hund und möchte diesen gern behalten, was allerdings der Vater verbietet. Also versteckt Nansa ihren "Zochor" getauften neuen Freund, welcher indes bald spurlos verschwindet. Bei der nachfolgenden Suche trifft das Mädchen nicht nur eine alte Frau, welche ihr eine Fabel um die Liebe erzählt, sondern findet auch den ausgerissenen Vierbeiner wieder. Aber als der Sommer endet, zieht die Familie weiter – ohne Zochor ...

Noch gelungener als beim ersten Mal stellt Davaa hier das naturverbundene, abgeschiedene Leben der Nomaden inklusive überlieferter Mythen und Riten dem urbanen Alltag gegenüber und zeigt deren Vereinbarkeit. So wird zum Beispiel der Vater vor seiner Fahrt in die Stadt beauftragt, sich nach den Ergebnissen der Parlamentswahlen zu erkundigen. Exkurse über den Wert der menschlichen Existenz oder Reinkarnation wollen dagegen nie Nansas zur Einsamkeit führenden Mangel an Freunden überdecken. Und trotzdem sich hier im Gegensatz zu Botoks wundersamer Rettung Genre-Grenzen hin zum dokumentarischen Spielfilm öffnen (oder eher aufbauen?), ist Davaa klug genug, oftmals weiterhin einfach bloß als Beobachterin zu fungieren. Gedankt wird dies vor allem durch den Charme der Kinder. Etwa dann, wenn eins der Mädchen entrüstet seinen kleinen Bruder zurechtweist, als dieser nach einer Buddha-Statue angelt: "Man spielt nicht mit Gott!"

D 2005, 90 min
Verleih: X Verleih

Genre: Dokumentation, Erwachsenwerden, Natur

Darsteller: Batchuluun Urjindorj, Buyandulam Daramdadi, Nansa Batchuluun, Nansaamaa Batchuluun

Stab:
Regie: Byambasuren Davaa
Drehbuch: Byambasuren Davaa

Kinostart: 28.07.05

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...