Originaltitel: LA PETITE DERNIÈRE

F/D 2025, 113 min
Verleih: Alamode

Genre: Drama, Schwul-Lesbisch, Literaturverfilmung

Darsteller: Nadia Melliti, Ji-Min Park, Amina Ben Mohamed

Regie: Hafsia Herzi

Kinostart: 25.12.25

Die jüngste Tochter

Im Kokon

Fatima ist still, ohne schüchtern zu sein. Stark, ohne es raushängen zu lassen. Klug, ohne aufzutrumpfen. Und Fatima ist 17 und die jüngste von drei Töchtern einer französisch-algerischen Familie. In der fühlt Fatima sich geborgen, auch wenn die Diskrepanzen spürbar sind zwischen den Erwartungen und den eigenen Träumen, zwischen auch kulturellen Prägungen und dem Bedürfnis nach Selbstfindung und -verwirklichung. Eigentlich ganz normal für das Alter. Und doch auch etwas anders. Denn Fatima fühlt sich zu Frauen hingezogen. Allerdings nur insgeheim, also ohne daß ihr näheres Umfeld, ihre Familie gar, etwas davon weiß. Doch mit dem Beginn ihres Studiums ändert sich etwas. Fatima lernt die queere Szene von Paris kennen, schließt neue Freundschaften, verliebt sich in die Krankenschwester Ji-Na. Und kann sich doch nicht wirklich befreien aus dem Kokon des Insgeheimen.

Davon, was das für Fatima bedeutet, erzählt DIE JÜNGSTE TOCHTER mit behutsamem und geduldigem Blick. Heißt, wer von dem Film womöglich ein queer-aktivistisches Postulat der gesellschaftskritischen Anklage oder auch ein schluchzendes Melodram der Selbstermächtigung erwartet, dürfte enttäuscht werden. Regisseurin und Drehbuchautorin Hafsia Herzi treibt etwas anderes um. Die Innenschau nämlich. Es ist ein Eintauchen in Fatimas widerstreitende Gefühlswelten, das hier unternommen wird. Ein Eintauchen auch in einen familiären Mikrokosmos, der Fatimas Schwestern und ihre Mutter mit liebevoll offenem und zugewandtem Blick zeichnet.

Dieses Eintauchen, diskret und intim zugleich, ist die Stärke in Herzis Film. Daß der dabei auch mit Seitenblicken ein Bild verknöchert religiös-patriarchaler Strukturen skizziert und diesem die großherzig-fidele queere Community als Kontrast oder auch Offenbarung gegenüberstellt, ist erstens durchaus nachvollziehbar – und zweitens dramaturgisch ziemlich platt. Ganz ohne Postulat geht es dann doch nicht.

Aber vielleicht muß man dem Zeitgeist halt ab und an geben, wonach er verlangt. Zumal nicht deswegen, sondern trotz dessen DIE JÜNGSTE TOCHTER ein Film ist, der durchaus auch Mut macht. In seiner zugewandten Aufmerksamkeit und dem Glauben an die innere Stärke seiner Heldin. Trau Dich, versuch es!, sagt dieser Film, der indes genau weiß, wie schwer das ist. Ob Fatima der Aufforderung nachkommt – im Kino erfährt man es.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.