Originaltitel: LES CHORISTES

F/CH 2004, 95 min
FSK 6
Verleih: Constantin

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Gérard Jugnot, François Berléand, Marie Bunel, Jean-Baptiste Maunier, Maxence Perrin

Stab:
Regie: Christophe Barratier
Drehbuch: Christophe Barratier

Kinostart: 02.09.04

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Die Kinder des Monsieur Mathieu

Chorgesang mit Bengelszungen

Grund des Teichs, Fond-de-l’Étang, heißt das Jungeninternat im Frankreich der späten Vierziger, das für Pierre und Pépinot einst die ganze Welt war. Jahrzehnte ist das her, und gemeinsam blicken der Dirigent und sein ehemaliger Schulfreund zurück auf jenen magischen Ort, an dem sie Monsieur Mathieu und seiner Musik begegneten.

In den warmen Erinnerungsfarben der längst Erwachsenen erzählt Regisseur Christophe Barratier von dieser Begegnung und beschwört eine tagtraumhafte Kindheitsgegenwart herauf, in der die Milde des Zurückblickens Süßes wie Bitteres größer gemacht hat. In Fond-de-l’Étang gibt es Karzerhaft, Kniestrümpfe an dürren Beinen, Rotzjungen mit gutem Charakter, kaltherzige Kinderbändiger und eben auch den einen unvergeßlich gütigen Erzieher: Clément Mathieu. Als Pedell kommt der Musiker an die streng geführte Besserungsanstalt, begegnet den Nöten seiner Zöglinge mit Verständnis, ihrer Roheit mit Geduld. Gegen den Willen von Kollegen und Vorgesetzten bändigt Mathieu die Knaben zum Chor und komponiert ihnen zarte Musik, die sie mit ebenso zarten Stimmen singen. Auch, als Monsieur Mathieu sie wieder verlassen muß.

Nach der Vorlage von Jean Drévilles Film DER NACHTIGALLENKÄFIG von 1944 dirigiert Barratier den vielfach erprobten Orchesterapparat aus Kinderaugen, einem goldenen Lehrerherz, kleinen Traurigkeiten, großen Gesten und ein wenig Nostalgie. Hier wird so altmodisch geradeaus erzählt und gefühlt, daß dieses nagelneue Spielfilmdebüt schon jetzt Patina angesetzt zu haben scheint. Eine Prise Nachkriegsmelancholie liegt über Geschichte, Figuren und Szenerien. Die wirren pädagogischen Ideen jener Zeit bleiben dezent im Hintergrund, wo sie nicht stören. Wie überhaupt so wenig dieses singende, klingende Kindheitsmärchen stört, dessen unbestrittene Herzenswärme in Frankreich ein Millionenpublikum rührte. Es ist so rund, gefällig und menschlich tadellos, daß es einem geradezu entgegenkullert.

Barratier erfüllt alle Erwartungen mit solch dienstbarer Beflissenheit, daß man ihn fast für einen Musterschüler halten muß. Ob ihn aber die Jungs vom Fond-de-l’Étang dafür gemocht hätten?

[ Sylvia Görke ]