D/Österreich 2017, 127 min
FSK 12
Verleih: Mitosfilm

Genre: Biographie, Dokumentation

Regie: Hüseyin Tabak

Kinostart: 29.11.18

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Die Legende vom häßlichen König

Streitbarer Rebell

Warum sind die Filme des türkisch-kurdischen Filmemachers Yilmaz Güney hierzulande weitestgehend unbekannt? Ist er doch unter seinen Landsleuten in seiner kurdischen und französischen Heimat ein Held. „Wir wollen so sein wie er“, sagt ein Mann auf der Straße mit glänzenden Augen. Und auch Hüseyin Tabak, Filmemacher dieses Dokumentarfilms, outet sich gleich zu Beginn an der Wiener Filmhochschule als glühender Bewunderer des 1984 verstorbenen Regisseurs. In jedem seiner vorangegangenen Filme hatte er dem Unbekannten gedankt.

Der Film ist nun seine persönliche Reise, um Güney besser kennenzulernen. Sein Filmprofessor, kein Geringerer als Michael Haneke, rät ihm zu Anfang, seine persönlichen Beweggründe für den Film und die Figur Güney nicht aus den Augen zu verlieren. Zwei Jahre lang recherchiert der 37jährige, reist an Geburts- und Drehorte und spricht mit Menschen, die Güney nahestanden. So setzt Tabak Stück für Stück dessen Leben zusammen. Das Besondere dabei: Es gibt unglaublich viel Filmmaterial mit Güney. Denn der 1937 in der Südtürkei geborene Sohn einer armen Familie war zunächst als Schauspieler tätig. Zudem nutzt Tabak einen früheren Film über Güney, der ihn als streitbare Persönlichkeit zeigt: so, wie er am Set einen Jungen schlug oder seine Frau im Streit mit dem Auto anfuhr. Schnell wird klar, Güney war vieles gleichzeitig: liebevoll und aufbrausend, heimatliebend und regimekritisch, Freigeist und Machtmensch.

Und er war eine Leitfigur der kurdischen und sozialistischen Freiheitsbewegung. Für sein politisches Denken und seine Streitlust hat er viele Jahre in türkischen Gefängnissen verbracht. Güneys bekanntester Film ist YOL – DER WEG, für den er aus dem Gefängnis heraus Regie führte, und mit dem er 1982 in Cannes die Goldene Palme gewann. Die Filmausschnitte, die zu sehen sind, zeigen das einfache Volk in kargen Wüsten, es geht um Armut und Unterdrückung. 1983 wurde Güney die Einreise nach Deutschland verweigert, aus Angst vor Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen türkischen Gruppierungen.

Am Ende steht man vor diesem gewaltigen, eindrucksvollen Flickenteppich. Auch wenn der persönliche Bezug des Filmemachers fast völlig verschwunden ist, die Person Yilmaz Güney hat sich ohne Frage ins Gedächtnis gebrannt. Nun bräuchte es nur noch seine Filme im Kino.

[ Claudia Euen ]