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Die Lügen der Sieger

Komm thrillern!

Wer, wenn nicht Christoph Hochhäusler, soll im deutschen Film politisches Kino machen, das sich nicht hinter Analysen und Wertungen brisanter Ereignisse aus Jahrzehnten abduckt, sondern mutig Roß und Reiter von heute meint! Doppelt traurig also, wenn ein Hoffnungsträger wie er die offensichtlich falsche Prämisse setzt. So wird aus DIE LÜGEN DER SIEGER „nur“ ein Thriller mit politischen Anspielungen.

Hochhäuslers vorletzter Film UNTER DIR DIE STADT reflektierte zeitgenössische Wirtschaftsströme über streng private Beziehungen. Dieses indirekte Erzählen ist nun passé. Die ersten 20 Minuten zeigen: Dieses Berlin ist das echte Berlin! Läuft der Fernseher mit Bildern aus dem Bundestag, erkennt man die echten Abgeordneten – wenn man sie kennt. Auch als die Handlung die Klarnamen verläßt und in die Glasgebäude der Redaktion eines fiktiven Nachrichtenmagazins oder in vermeintliche Schaltzentren vermeintlicher politischer Macht geht, verläßt der Film nie die Ebene des Dechiffrierbaren. Genau das gibt diesem Beginn eine sehr eigene Neugier und fast ketzerische Lust auf Kommendes. Sogar ein aufwieglerisches „Endlich!“, sagt das Auge zum Hirn des rastlos hoffenden Cineasten.

Nach 20 Minuten aber zieht Enttäuschung tief ins Gemüt. Denn DIE LÜGEN DER SIEGER hat sein brisantes Versprechen vom Beginn gebrochen. Es wird eben nicht mehr direkt um die tatsächlichen Verstrickungen von Politik und Wirtschaft gehen, nicht um schwarze Kassen der Bundeswehr, ums Vertuschen gefährlicher Altlasten und Mauscheleien der sich mächtig Gebenden. Es geht stattdessen um – Journalismus, der mindestens genauso kaputt ist wie das, worüber es zu schreiben gäbe. Die deutlichen Referenzen Christoph Hochhäuslers an Costa-Gavras und die Politthriller der 70er würden nicht stören. Im Gegenteil, sie hätten selbst diesen Aufklärungsstoff befeuern können. Mit der falschen Prämisse aber wird er zu einer marginal spannenden und eingeschränkt relevanten Angelegenheit.

Denn seine optisch präsente Hauptfigur funktioniert nicht, so sehr sich Florian David Fitz auch müht mit diesem an Diabetes erkrankten, egozentrischen, spielsüchtigen, insolventen Enthüllungsschreiber, den man am Ende auch nur benutzt. An seiner Seite drängt ihn zudem eine allzu klischierte Jung-Kollegin in die Blässe.

So irrlichtert DIE LÜGEN DER SIEGER mehr, als daß er packt. Für das „Level Hochhäusler“ nachgerade fatal.

D 2015, 112 min
FSK 12
Verleih: NFP

Genre: Drama, Thriller

Darsteller: Florian David Fitz, Lilith Stangenberg, Horst Kotterba, Ursini Lardi, Jakob Diehl, Arved Birnbaum

Regie: Christoph Hochhäusler

Kinostart: 18.06.15

[ Andreas Körner ]