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Die mit dem Bauch tanzen

Ein echter Frauenfilm

Die Regisseurin Carolin Genreith ist jung. Blutjung mit ihren 28, im Vergleich zur Generation ihrer Mutter, die sie in diesem Film besser verstehen möchte. Besser: das Klischeebild von der älter werdenden Frau an sich, die in ihren Augen doch mit einem Verlust von Schönheit, Libido und Selbstachtung zu kämpfen haben muß. Wie, so fragt sich Genreith, kann ihre Mutter Biggi in ihrem Alter und nach 25 Jahren Ehe noch mal von vorne anfangen, mit neuer Liebe und neuem Hobby – ausgerechnet Bauchtanz? Also „ ... voll 80er!“ Biggi und ihre Bauchtanztruppe werden zum Beobachtungsfeld der Tochter.

Herausgekommen ist ein Heimatfilm, der in der Eiffel spielt, „ ... mit all den Hecken, den Schützen und den Nachbarn, dem schlechten Wetter“, die Genreith in die Welt getrieben haben und in Berlin landen ließen. Und es ist ein Film über Frauen und das Geheimnis, das hinter jeder Glücklichen steckt. Die Filmemacherin ist nicht glücklich. Das offenbart sie in jedem Off-Kommentar, mit dem sie die filmische Exkursion in ihre Vergangenheit begleitet. Zu Anfang kann man ihre Ansichten banal finden, wenn Genreith sich zum Beispiel darüber ausläßt, wie wenig sie sich ein Leben mit Falten und Hängebrüsten vorstellen kann. „Mädel, mußt Du doch auch nicht!“, möchte man ihr da zurufen.

Aber dann, in Richtung Mitte, werden die mit einer fast naiven Ehrlichkeit vorgetragenen Statements der Regisseurin zum Vergrößerungsglas einer rastlosen Generation. Jemanden finden, der zu einem paßt, der bleiben will und nach der Party mit aufräumt, die Sehnsucht nach dem „ ... überschaubaren, berechenbaren und beschützten Leben“ stehen dem Dasein einer Marita gegenüber, die alles richtig gemacht hat. 37 Jahre glückliche Ehe, seit Jahrzehnten dieselbe Arbeit, die sie liebt, und die ihr viel zurückgibt, Freundinnen, mit denen sie seit 25 Jahren mit dem Bauch tanzt, lassen die große, kräftige Frau mit der Sauerkrautdauerwelle (ebenfalls voll 80er) strahlen. Und auch Biggi wirkt sehr zufrieden mit sich, ihrem Körper und ihren Lebensentscheidungen.

Aber einmal aufgebrochen, gibt es eben kein Zurück mehr, nur noch die Möglichkeit, einen aussöhnenden Blick auf die eigenen Wurzeln zu richten und den wunderschönen Frauen bei ihrem Tanz zuzusehen. Sich wie die Filmemacherin einzureihen, wenn auch nur kurz. Um endlich angstfrei nach vorne zu blicken.

D 2012, 79 min
FSK 6
Verleih: Zorro

Genre: Dokumentation

Regie: Carolin Genreith

Kinostart: 20.06.13

[ Susanne Schulz ]