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Die Standesbeamtin

Temporeich und harmlos – eine Romantikkomödie

Ein beschauliches Schweizer Städtchen und ein sich überschlagender Tagesbeginn wollen nicht so recht zusammenpassen, aber für Rahel Hubli, die an diesem Morgen verschläft und feststellt, daß ihr Mann nicht nach Hause gekommen ist, und ihr Sohn längst in der Schule sein müßte, paßt noch viel mehr nicht zusammen. Ausgerechnet ihr als Standesbeamtin ist der Glaube an die große Liebe abhanden gekommen. Und freilich führt das zu Problemen, wenn man täglich mit erwartungsvollen Ehe-Anfängern konfrontiert ist, aber nicht mehr als eine pflichtgemäße Zeremonie hinbekommt und damit die Kundschaft verprellt.

Ausgerechnet beim Einkauf von Ratgeberliteratur läuft ihr Ben über den Weg, ein Jugendfreund und Bandkollege aus alten Tagen, und ausgerechnet diese Begegnung weckt in ihr die Erinnerung an das schöne Gefühl des Verliebtseins. Ben, der nach Berlin gezogen ist, als Musiker Karriere gemacht hat und nur auf Kurzbesuch in der Heimat weilt, erweist sich allerdings nicht als optimales Zielobjekt wiedererwachter Begierde, gibt er doch mit der Schauspielerin Tinka inzwischen ein Promi-Pärchen, ein heiratswilliges überdies. Die mitgereiste Braut in spe kommt prompt auf die überraschende Idee, daß Rahel die geplante Trauung der beiden abhalten könnte. Aber bevor sich diese Idee als gut oder schlecht erweisen kann, sehen sich alle Beteiligten mit großen und kleinen Überraschungen konfrontiert.

Für eine „frische Sommerkomödie“ (wie im Presseheft verlautbart) kommt DIE STANDESBEAMTIN hierzulande vielleicht etwas spät, aber mit Witz und Charme versehen, dürfte sie Freunden der leichten Unterhaltung durchaus die Herbstabende erhellen. Flott inszeniert, ausgestattet mit Running-Gags, die keinem weh tun, und mit spielfreudigen Darstellern – allen voran Marie Leuenberger, die hier eine durchaus selbstbewußte erste Hauptrolle gibt – geht Micha Lewinskys Konzept der temporeichen Abendgestaltung weitgehend auf.

Wer das Genre weniger liebt, wird über dramaturgische Fehlstellen stolpern, über das selbstredend avisierte „Friede, Freude, Eierkuchen“ lamentieren, und der ausgeprägte Hang zum Bildkitsch dürfte nerven. Ein Glück – auch im Kino hat man die Wahl.

CH 2009, 90 min
FSK 0
Verleih: Schwarzweiß

Genre: Komödie, Romantik

Darsteller: Marie Leuenberger, Dominique Jann, Oriana Schrage

Regie: Micha Lewinsky

Kinostart: 29.10.09

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.