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Die Stille nach dem Schuß

Die Leben der Rita Vogt

Volker Schlöndorff, neben Wim Wenders exponiertes Aushängeschild des anspruchsvollen deutschen Films, mußte für seine letzten beiden Arbeiten DER UNHOLD und PALMETTO vor allem hierzulande heftige Kritik einstecken. Um so mutiger scheint es, daß er sich mit seinem neuen Film ausgerechnet der deutsch-deutschen Geschichte annimmt - ein Sujet, das bisher entweder als überdrehte Komödie oder eben gar nicht vom Publikum angenommen wurde. Sicher, RAF-Terror und DDR-Alltag sind keine Garanten für endlose Besucherströme, aber dieses schnörkellose, überzeugend inszenierte und hervorragend besetzte Frauenschicksal verdient Beachtung.

Im Zentrum der auf realen Ereignissen basierenden Geschichte steht Rita Vogt, eine junge Frau, die in der DDR Zuflucht und ein besseres Leben sucht. Sie stammt von drüben und wird als Mitglied einer linken Terrorgruppe und Mörderin eines Pariser Polizisten gesucht. Stasi-Offizier Hull, der ihr und ihren Genossen schon früher aus der Klemme half, wird jetzt zum Verwalter und Betreuer ihrer neuen Existenz: aus der BRD-Bürgerin Rita Vogt wird die DDR-Bürgerin Susanne Schmidt In der neuen Heimat fühlt sie sich ihren Idealen näher als je zuvor. Bei der Arbeit im VEB Modedruck lernt sie Tatjana kennen, die unbedingt raus will aus diesem Land und Zorn und Unzufriedenheit in Alkohol ersäuft. Zwischen den beiden entwickelt sich eine enge Freundschaft, fast Liebe - bis Ritas Tarnung gefährdet ist und sie wieder fliehen muß.

Die beiden so verschiedenen Welten in ihrer Eigenart zu erfassen, war wohl die größte Herausforderung für Buch und Regie. Doch es ist geglückt - pointiert und ohne eine gegen die andere auszuspielen. Schmunzelnde Ironie schärft den Blick für stereotype Parolen der westdeutschen Polit-Rebellen; unverkrampft und ohne die übliche Ansammlung von Ostrequisiten schildert man die bürokratische Verbissenheit der sozialistischen Wirklichkeit. Bibiana Beglau in der Rolle der Rita lotet alle Facetten ihrer Figur aus und hält das Interesse an diesem verrückten, aufwühlenden und berührenden Leben den ganzen Film über wach.

D 2000, 101 min
FSK 12
Verleih: Arthaus

Genre: Drama, Polit, Schicksal

Darsteller: Bibiana Beglau, Nadja Uhl, Martin Wuttke, Alexander Beyer

Stab:
Regie: Volker Schlöndorff
Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase

Kinostart: 14.09.00

[ Sylvia Görke ]