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Die Tochter meines besten Freundes

Dr. House geht fremd

Die amerikanische Vorstadt. Wie oft wurde sie uns bereits als Hort der Kleinbürgerlichkeit und Scheinheiligkeit vorgeführt, wie oft durften wir schon hinter die Fassade blicken und schockierende menschliche Abgründe entdecken. Allein jeder treue Anhänger der DESPERATE HOUSEWIVES dürfte mittlerweile alle Todsünden hinter den teuren Vorhängen des amerikanischen Mittelklasse-Himmels gesehen haben. Daran gemessen ist der hier im Titel bereits angedeutete Anstoß der Empörung von recht geringem Schockpotential. Sei’s drum, schocken möchte diese Komödie mit Hugh „Dr. House“ Laurie in der Hauptrollte wohl auch gar nicht. Was sie allerdings sonst erreichen will, konnte sich dem Rezensenten – angesichts maximal einer Handvoll witziger Szenen – nicht so recht erschließen.

Zwei eng befreundete Nachbarsfamilien, die Wallings und die Osroffs, gehen im Vorstadt-idyll von New Jersey gemeinsam durch Dick und Dünn. Die Kinder sind im selben Alter und so gut wie alle aus dem Haus. Und auch wenn es zwischen David und Paige Walling kriselt, und David seit geraumer Zeit im Poolhaus übernachtet, so steht das Konstrukt „Vorzeigefamilie“ noch. Das ändert sich allerdings, als die verlorene Tochter der Osroffs über die Feiertage heimkehrt. Statt sich den Kupplungsversuchen ihrer Mutter zu fügen und mit Toby, ältester Sproß der Wallings, anzubandeln, findet Nina zunehmend Gefallen an dessen Vater. Die aufkeimende Liaison der beiden sorgt nach Bekanntwerden bei den Nachbarsfamilien für ein stürmisches Gefühlschaos über die Feiertage.

Daß die Konstellation aus älterem Mann und junger Frau ein alter Hut ist, ist keineswegs das Hauptproblem dieser brav und in Fernsehoptik erzählten Durchschnittskomödie. Ihre inszenatorische Einfallslosigkeit schafft sie beinahe durch einen gelungenen Cast auszugleichen. Allerdings ist es ausgerechnet der Star des Films, der hier kaum etwas zu spielen bekommt. Hugh Lauries David bleibt durchweg blaß, in den Liebesszenen zwischen ihm und Leighton Meester als Nina sprühen ungefähr so viele Funken wie bei einem in Sekt ertränkten Tischfeuerwerk am Neujahrstag. Da helfen auch die anderen guten Darsteller wenig.

Wenn Laurie das nächste Mal den Sprung auf die große Leinwand wagt, sollte er sich dringend eine Rolle suchen, die deutlich mehr Esprit hat. Es muß ja nicht gleich ein dauerschimpfender Mediziner sein.

Originaltitel: THE ORANGES

USA 2012, 92 min
FSK 12
Verleih: Capelight

Genre: Tragikomödie, Liebe

Darsteller: Hugh Laurie, Catherine Keener, Leighton Meester, Oliver Platt, Allison Janney

Regie: Julian Farino

Kinostart: 13.12.12

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...