Originaltitel: DOWNSIZING

USA 2017, 135 min
FSK 0
Verleih: Paramount

Genre: Schräg, Komödie, Satire

Darsteller: Matt Damon, Kristen Wiig, Christoph Waltz, Udo Kier, Rolf Lassgård, Laura Dern, Neil Patrick Harris

Regie: Alexander Payne

Kinostart: 18.01.18

6 Bewertungen

Downsizing

Die totale Physiotherapie: Sei kompatibel! Mach Dich klein! Werde, der Du bist!

Wenn das Boot voll ist, gehören die Überzähligen ins Meer geworfen. Wenn dort keiner mehr reingeht, muß man sich an Land erleichtern. Aber was, wenn es auf der Erde zu eng wird und weder ein eingezogener Bauch noch der Absprung (des Nebenmannes!) mehr hilft?

Diese Zwangslage steht der Welt von übermorgen bevor – wenigstens in der Phantasie von Alexander Payne. Freilich ist keine seiner Tragikomödien, ob sie nun in viel Graublau daherkamen wie ABOUT SCHMIDT oder im hawaiianischen Kolorit wie THE DESCENDANTS, ohne ernste Krisen vorstellbar. Doch anläßlich seines Einstands ins Science-Fiction-Genre darf auch das für Fortkommen und Färbung der Geschichte unverzichtbare Bedrohungsszenario in utopischen Dimensionen gedacht werden.

Payne malt also den Platzangst-Teufel an die Wand. Einmal in groß als Menetekel für die Menschheit, die an Übervölkerung zugrunde zu gehen droht. Dann in klein für die amerikanische Mittelschicht, in der sich liebende Eheleute gegenseitig die Luft wegzuatmen scheinen, weil die Träume der einen nicht zum Gehalt des anderen passen. In Norwegen entwickeln Wissenschaftler ein Verfahren, das ganze Familien (inklusive Haus- und Nutztieren) auf Miniaturformat bringen kann. Die Technologie setzt sich allmählich durch, avanciert mancherorts sogar zum Lebensstil. Und in Omaha beschließt das Ehepaar Safranek, endlich auch den Schritt zu wagen: hinein in eine Knapp-13-cm-Existenz, die besonders im Hinblick auf den Immobilienerwerb neue Möglichkeiten eröffnet. Das Schrumpfungsinstitut betreten sie noch gemeinsam, im schmucken Mini-Eigenheim ist Paul dann aber allein. Audrey hat es sich anders überlegt.

„Zweifellos haben die Philosophen recht, wenn sie uns sagen, daß alles nur durch den Vergleich groß oder klein ist.“ Diese Einsicht legte Jonathan Swift, einer der Urväter der utopischen Gesellschaftssatire, seinem Weltreisenden Gulliver in den Mund, als der, kaum zurück aus Liliput, in Brobdingnag auf ein Volk von Riesen trifft. Sie könnte diesem in der Anlage epischen, im Ton bisweilen bissigen Zukunftsentwurf, der wie jede zünftige Utopie eigentlich nach der Gegenwart zielt, glatt als Motto dienen.

Hauptfigur Paul Safranek, ein Jedermann im kneifenden Pulli und mit manchmal langer Leitung, gerät in eine Art moderne Gulliveriade durch unbekannte Verhältnisse, die ihn zunächst einmal lehren, daß beim Downsizing nicht automatisch das Pech von den Hacken abfällt. Und daß alle befremdlichen Bekanntschaften, die ihm das Drehbuch vor die schwerfälligen Füße wirft, ihn zu beflügeln vermögen. Zum Beispiel die ruppige vietnamesische Ex-Dissidentin, die zwangsverkleinert wurde und nun im Armenviertel der Kleinen-Siedlung so etwas wie eine Ein-Frau-Hilfsorganisation betreibt. Daß Paul als Physiotherapeut arbeitet („American Physio“!), ist vielsagend. Es fügt sich in dieses Gewimmel an Einfällen und Wendungen, kuriosen Requisiten und Effekten, das Payne mit fast trotziger Ruhe dirigiert.

Genau von dieser Sorte sind die Kontraste, die er sucht: zwischen Geschwindigkeiten, natürlich zwischen Komik und Tragik, aber auch zwischen artifiziellen und „ungestaltet“ anmutenden Sets. Durch die bewegt sich ein überzeugendes Ensemble, in dem Christoph Waltz als serbischer Playboy den Part mit der vielleicht größten komödiantischen Beinfreiheit hat.

[ Sylvia Görke ]