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Drachenmädchen

Können durch Anstrengung

… oder auch „harte Arbeit“ bedeuten die Worte Kung Fu aus dem Chinesischen übersetzt. Und wie hart diese Arbeit ist, zeigt die Dokumentation DRACHENMÄDCHEN des jungen Regisseurs Inigo Westmeier auf sehr berührende und ungewohnte Weise. Im Gegensatz zu vielen Spiel- und Dokumentarfilmen, die den Kampfsport glorifizieren, zeichnet DRACHENMÄDCHEN ein differenzierteres Bild. Auch wird kein mit esoterischem Geraune verbrämtes Loblied auf Disziplin und Härte angestimmt. Stattdessen gelingt Westmeier mit seinem Film über drei junge Kung Fu-Schülerinnen ein intimer Einblick in die chinesische Gesellschaft, die uns in vielerlei Hinsicht noch immer sehr fremd ist. Eben das macht ihn auch für Zuschauer sehenswert, die sich nicht speziell für Kung Fu interessieren.

Mit 26.000 Schülern ist die Shaolin Tagou die größte Kampfkunstschule der Welt. Sie befindet sich in unmittelbarer Nähe zum sagenumwobenen Shaolin Tempel, in dem der Kampfsport einst entwickelt wurde. Die Schule rühmt sich damit, ihren Absolventen vielversprechende Berufsperspektiven beim Militär oder bei der Polizei zu eröffnen. Für viele junge Chinesen ist Kung Fu vor allem ein Weg aus der Armut ihrer Elternhäuser. Dafür ertragen sie militärischen Drill, einen bis ins Kleinste geregelten Tagesablauf, einfache Behausungen, dürftiges Essen und ein Leben ohne familiäre Geborgenheit. Doch längst nicht für alle geht die Rechnung auf, denn wie jede Schule produziert auch diese ihre Gewinner, Mittelmäßigen und Verlierer.

Westmeier porträtiert seine neun bis fünfzehn Jahre alten Heldinnen mit Sensibilität, Respekt und Sympathie. Er begleitet sie auf den Besuchen bei ihren Familien, zeigt Erfolge und einsame Tränen. Mit großer Offenheit erzählen die Mädchen von ihren Träumen und Enttäuschungen. Als erfahrener Dokumentarfilmer enthält sich Westmeier jeglichen direkten Kommentars, jedoch ist seine Skepsis gegenüber dem widersprüchlichen System dieser Schule offenkundig. Gleichzeitig fängt er in visuell starken Bildern die faszinierende Schönheit ein, die vom Shaolin-Kung Fu ausgeht. So beginnt DRACHENMÄDCHEN mit einer spektakulären Massenszene, in der tausende Kung Fu-Schüler synchrone Bewegungsabläufe präsentieren. Der Preis für diese Perfektion jedoch ist hoch. Nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes.

D 2012, 94 min
FSK 6
Verleih: Polyband

Genre: Dokumentation

Regie: Ingo Westmeier

Kinostart: 28.02.13

[ Dörthe Gromes ]