D/Österreich 2024, 77 min
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation, Schicksal

Regie: Elsa Kremser, Levin Peter

Kinostart: 10.07.25

Dreaming Dogs

Außenseiterballade auf vielen Beinen

Nadezhda Sobetskaya weiß vermutlich gar nicht mehr, wann sie zuletzt jemand beim Namen rief. Die alte Frau durchstreift Moskau, bleibt im Schatten, verlassenen Bruchbuden, mäandert der Staatsgewalt vorsichtig ausweichend. Ihr zur Seite steht ein Rudel Streuner, angeführt von Favorit Dingo.

Man achtet aufeinander, sorgt sich, wer wen beschützt, ist situationsabhängig, Nadezhda nennt sich „Oma“, spricht zu den Tieren wie Kindern, zeigt auch übergriffige Tendenzen: Wer freiwilliges Kuscheln verweigert, wird am Schwanz herangezogen. In Liebe mischt sich deutliche Abhängigkeit, darin dunkle Verzweiflung grollt. Das Regieduo wiederum bemüht sich, nicht bloß abzulichten, arbeitet mit Farben, Beleuchtung, Perspektiven, Überblenden, aus der Nacht fließender, transzendent anmutender Musik, teils gleicht das Ergebnis einem Spielfilm – passend öffnet eine rührend-ambivalente Schlußszene parallel Türen und besiegelt Schicksale. Bis dahin sinkt das Kamerateam konsequent auf die Knie, sucht stets die Augenhöhe zu den eigentlichen, vierbeinigen Protagonisten. Beobachtet, wie bedröppelt Mucha auf das Tadeln seiner Tollpatschigkeit reagiert, es Dingo dagegen kaum juckt, ob er gerade als „kleiner rothaariger Bastard“ oder „der beste Hund der Welt“ gilt. Selbstbewußtsein halt.

Derweil Nadezhda, immer eher anonyme Außenseiterin, stellvertretend für andere Unsichtbare knapp die verstorbenen Freunde beklagt, kurze Erinnerungsfetzen an ihr früheres Leben müssen genügen, ausgedehnte Rückschau lohnt sowieso nicht. Es geht um’s Hier und Heute, buchstäblich, jeden einzelnen Tag. Und den Preis, welchen zumindest beschränkte Freiheit und Sicherheit aufrufen.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...