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Drei Farben-Trilogie

Als Krzysztof Kieslowski 1996 überraschend einem Herzinfarkt erlag, war nicht nur ein Leben zu Ende. Einer der intelligentesten und bedeutendsten europäischen Filmemacher war plötzlich nicht mehr da.

Sein Vermächtnis sind Filme, die Kinogeschichte geschrieben haben, erschütternde und unvergeßliche Filme wie EIN KURZER FILM ÜBER DIE LIEBE/DAS TÖTEN und vor allem seine magischen Filme BLAU, WEISS und ROT, die endlich in einer 3er Box auf DVD erschienen sind. Kieslowski galt oft als moralischer Erzähler. Diese Einschränkung wird ihm gar nicht gerecht. Natürlich ist er ein Beobachter, ein Aufzeiger, im klugen Sinne auch ein Mahner, doch dies stets im Dienste der Magie des Kinos. Auf keinen Fall ein dogmatischer Missionar, vielmehr ein Poet der Stille, ein Fabulierer der dunklen Geheimnisse und ein Schattenjongleur. Einer, der mehr vermutet als behauptet. Also kein echter Moralist.

In seiner Drei Farben-Trilogie begleitet er Menschen auf der Flucht vor der Vergangenheit, vor dem Schmerz der Wahrheit und vor dem Zwang, ihr Leben wieder in den Griff kriegen zu müssen. Und zu wollen. Denn gerade hier ist Kieslowski - bei aller schwelenden Düsternis - ein großer Optimist, kein einfältig heiterer, nein, ein nachdenklicher. In BLAU erzählt er von der Komponistengattin Julie, die Mann und Tochter verliert, und die vielmehr als nur hinter dem Talent ihres Mannes steht. In WEISS begleitet er den polnischen Pechvogel Karol, der von seiner französischen Frau Dominique geschieden werden soll, seinen Friseursalon einbüßt, und den schließlich dennoch der Schweif des Glücksstrahls streift, wenn auch nur ganz sanft und ungewöhnlich. In ROT wird von einer seltsamen Begegnung einer jungen Frau mit einem geheimnisvollen Alten erzählt. Alle drei Geschichten sind Exkurse in die Labyrinthe des alltäglichen Lebens - inklusive allem Absurden, Unfaßbaren und Vernarbenden. Alle drei Reisen sind mit der sanften und zugleich hypnotischen Musik aus der Feder des Komponisten Zbigniew Preisner unterlegt. Kieslowski gelang damit etwas, das man im heutigen Film beinahe vergeblich sucht: die unausweichliche Entführung des Betrachters in andere Seelen.

Die Box ist mit knapp vier Stunden hochinteressanten Zusatzmaterials ausgestattet. So ist in diversen Interviews zu erfahren (entsprechend Kieslowskis These, daß immer unterschiedliche Menschen an verschiedenen Orten zu anderen Zeiten Gleiches denken, fühlen und erleben, daß es stets Verbindungen gibt), daß die famose Juliette Binoche einst die Rolle in DIE ZWEI LEBEN DER VERONIKA ablehnen mußte, da sie gerade an DIE LIEBENDEN VON PONT-NEUF arbeitete, Julie Delpy diese Rolle gerne wollte, Kieslowski sie für ungeeignet hielt, sie aber in BLAU besetzen wollte, was der Delpy als unpassend erschien. Schließlich spielte sie in WEISS, Binoche in BLAU und seine Veronique wurde Irène Jacob, die er dann auch in ROT wiederbesetzte. Auch dies alles ein Zeichen für Kieslowskis Gespür und Intelligenz.

Originaltitel: TROIS COULEURS: BLEU/BLANC/ROUGE

F/Polen/D 1993/1994, 94/88 /95 min
Verleih: Concorde HE

Genre: Drama

Darsteller: Juliette Binoche, Julie Delpy, Irène Jacob, Jean-Louis-Trintignant

Regie: Krzysztof Kieslowski

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.