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Drei Stern Rot

Liebevoll sarkastisch, ohne Ostalgie

Zugegeben: Meine Neugier auf einen Film mit dem kryptischen Titel DREI STERN ROT hielt sich in Grenzen, doch ausgerechnet die Begeisterung eines Kollegen des Südwestfunks, geographisch wie mental vom Sujet des Films scheinbar Lichtjahre entfernt, ließ mich aufhorchen. Und tatsächlich - Autor Holger Jancke und Regisseur Olaf Kaiser ist etwas kaum für möglich Gehaltenes gelungen: Ein tragikomischer Blick auf die Absurdität des Alltags der DDR-Grenztruppen, verbunden mit einem grotesken Einzelschicksal.

Es ist die Geschichte des Schauspielers Christian Blank, der, in der Rolle eines DDR-Grenzers, einen anderen Darsteller fast umbringt. Eingeliefert in die Psychiatrie, beginnt Blank, einer Ärztin seine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte enttäuschter Hoffnungen, verratener Liebe und dauerhafter Demütigung. Und die Geschichte eines Mannes namens Nattenklinger, der ihn offenbar sein Leben lang verfolgte ... Olaf Kaisers Kinoerstling ist real und überhöht zugleich, bewegt sich äußerst geschickt zwischen Klamauk, hintergründigem Humor und menschlicher Tragik und weiß auch als Zeitporträt zu überzeugen. Denn Christian Blanks Blick zurück im Zorn entpuppt sich schnell als liebevoll-sarkastischer Blick auf gelebtes DDR-Leben, ohne an irgendeiner Stelle ostalgisch zu sein. Dabei fällt die Figur des Nattenklinger als besonders gelungener Kunstgriff auf: Als "ABV" Blanks Geburtshelfer, später Sportlehrer, dann Lehrausbilder und schließlich Vorgesetzter bei den Grenztruppen steht er stellvertretend für das personifizierte "Prinzip DDR-Obrigkeit". Keine Frage, wem Blanks Mordversuch galt, keine Frage auch, wer bei Blanks Rückkehr am Set der "Fachberater des BGS" ist: Nattenklinger. Warum Blank seine Story ausgerechnet im diffusen Licht feuchter Klinik-Katakomben erzählen muß, bleibt zwar unklar, Kaisers Darstellerwahl jedoch war superb: Außer Hauptdarsteller Rainer Frank rekrutierte er seine Leinwand-Grenztruppe bewußt nicht aus "Ostlern", Dietmar Mössmer (Nattenklinger) ist gar Österreicher. Doch ausgerechnet dieser ist - neben Bastian Trost als Fleckenwasser schnüffelnder Unteroffizier "Nuth" - von bezwingender Authentizität.

DREI STERN ROT erzählt jüngste ostdeutsche Geschichte aus nahezu abenteuerlicher Sicht. Das Publikum, ganz gleich wo in diesem Lande, weiß dies hoffentlich zu würdigen.

D 2001, 87 min
Verleih: Progress

Genre: Satire

Darsteller: Rainer Frank, Petra Kleinert, Dietmar Mössmer

Regie: Olaf Kaiser

Kinostart: 23.05.02

[ Matthias Meinhardt ]