Noch keine Bewertung

Dumplings – Delikate Versuchung

Schlechter Geschmack vom Feinsten

In den 60ern und 70ern war es Mode, daß jedes Plakat eines Horrorfilms kreischte, schwangere Frauen und Herzkranke sollten auf den Besuch lieber verzichten. Damals nichts mehr als ein PR-Gag, müßte diese Warnung tatsächlich auf dem Poster des nachfolgend besprochenen Werkes stehen. Am besten in riesigen Lettern und Leuchtschrift.

Dabei fängt alles friedlich an: Ex-Starlet Qing blickt ängstlich in ihre Zukunft; schließlich garantiert nur Pfirsichhaut eine lebenslange Position als reiche Gattin. Also sucht die Verzweifelte nach einem Jungbrunnen und findet ihn bei Mei, einer Ex-Gynäkologin, jetzt Köchin. Ihr Spezialrezept sind Klößchen, welche ewige Jugend versprechen. Qing kostet natürlich die Delikatesse. Doch sie weiß noch nichts von der grausigen Hauptzutat ...

Das funktioniert so lange hervorragend, wie der Zuschauer ebenfalls keine Ahnung hat, was Mei da brutzelt. Geschickte verbale Andeutungen, undefinierbarer Glibber auf dem Tablett, dazu die intime, fast zärtliche Arbeit von Kameramann Christopher Doyle – man spürt die Bedrohung quasi am eigenen Leib und erliegt so manchem Schweißausbruch. Nachdem das Geheimnis aber keines mehr ist, weicht der wohlige Schauer Völlegefühlen. Weil die Geschichte ihre 90 Minuten nicht mal im Ansatz füllt, müssen nun drastische Effekte die Urinstinkte stimulieren, um das Publikum über die Zeit zu bringen. Allerdings darf befürchtet werden, daß sich der Saal spätestens nach der breit ausgewalzten Abtreibungssequenz rapide leert.

Regisseur Chan charakterisiert zur Rechtfertigung dieser Mittel das Streben nach Jugend als "psychopathische Begierde" und ist davon überzeugt, "daß der Tag nicht fern ist, an dem wir menschliche Plazenta zu uns nehmen" – in China seit jeher eine empfohlene Arznei. In Verbindung mit dem Schönheitswahn befürchtet der Pessimistische gar potentielle Ausbrüche weltweiten Kannibalismus’. Insofern möchte sein Film also der modernen Industrie und Wissenschaft einen Spiegel vorhalten.

Okay, es stimmt ja: Übertreibung gehört zur Satire einfach dazu. Dennoch gibt es für alles gewisse Grenzen. So bleibt, ungeachtet der grandiosen Bebilderung und interessanten Grundidee, unter dem Strich nicht viel mehr als Ekel mit einem Schuß Faszination.

Originaltitel: THREE-2: DUMPLINGS

HK/China 2004, 91 min
FSK 18
Verleih: 3L

Genre: Horror, Satire

Darsteller: Bai Ling, Tony Kai-Fai Leung

Regie: Fruit Chan

Kinostart: 04.08.05

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...