Österreich/Luxemburg 2016, 110 min
FSK 12
Verleih: Alamode

Genre: Biographie, Drama

Darsteller: Noah Saavedra, Maresi Riegner, Valerie Pachner, Cornelius Obonya, Nina Proll

Regie: Dieter Berner

Kinostart: 17.11.16

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Egon Schiele – Tod und Mädchen

„Wart' mal, bleib so!“

Als der Stern der Donaumonarchie zu sinken begann, hatte man in Wien schon neue Könige gekrönt – Malerfürsten eines anderen, nicht immer salon- und verkaufstauglichen Schlages, die sich dem Konservatismus der k.u.k.-Zeit durch ungehemmte Kunst- und Lebenslust entzogen. Neben Gustav Klimt und Oskar Kokoschka gehörte Egon Schiele zu diesen Wiener Modernen und wurde wie sie zur nationalen Institution. Ungewöhnlich genug für einen Mann, der 1918 mit nur 28 Jahren starb.

Es gab einige Filme, die dieses kurze Leben zu fiktionalisieren versuchten. Keiner kam ohne Schieles Modelle, Gefährtinnen und kindlichen Begehrten aus, ohne sie wenigstens anzudeuten, diese entblößten Vulven, in sich und in andere verdrehten Körper, die seine Bildwelt bestimmten. Kaum einer verschwieg die Episode mit dem Mädchen Tatjana, das bei Schiele in Neulengbach eine angeblich unschuldige Nacht und ihn vor Gericht verbrachte. EGON SCHIELE – EXZESSE hieß denn auch ein abendfüllendes filmisches Experiment von 1981, das bei der Kritik weitgehend durchfiel – trotz eines Mathieu Carrière, der das Verstiegene und Herausfordernde, das man aus fotografischen Schiele-Porträts herauszulesen meint, in jedem Blick mittransportierte. Der vielleicht etwas zu makellose Hauptdarsteller in Dieter Berners routiniertem Spielfilm-Anlauf auf diese von Obsessionen getriebene Existenz hat diese Blicke nicht.

Überhaupt fehlt ihm das Provozierende, das Ausufernde, das Anstößige, das sich mit dieser Biographie verbindet. Stattdessen eine, freilich mit Dialekt und Sinn für das schwindsüchtige Zeitkolorit ausgestattete, ortskundige Begehung von Lebensstationen. Schieles Kranken-, bald Totenlager in der unbeheizten letzten Wohnung in Alt-Hietzing, in der seine eifersüchtig geliebte Schwester Gerti ihn umsorgt, setzt die Perspektive. Von hier aus geht es in Rückblenden zu den Mal- und Zeichenexzessen in die elterliche Wohnung, in der die kleine Schwester Schieles erstes Aktmodell wird. Dann zu den Schönheiten in die Wiener Nachtlokale. Weiter zum Förderer Klimt, der ihm die 17jährige Wally mitgibt, die bis 1913 sein Modell und bis zu ihrem Tod 1915 seine vielleicht größte Liebe bleibt. Dazwischen Geldsorgen, Aktsitzungen, flüchtiges Blättern durch jene Leinwände und Zeichnungen, für die sich heute Schlangen an Museumskassen bilden. Schließlich Krieg, Ehe und aus.

[ Sylvia Görke ]