Originaltitel: AVIS DE MISTRAL

F 2014, 105 min
FSK 6
Verleih: Concorde

Genre: Poesie, Tragikomödie

Darsteller: Jean Reno, Anna Galiena, Hugo Dessioux

Regie: Rose Bosch

Kinostart: 25.09.14

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Ein Sommer in der Provence

Ich olive Dich! oder Die Alpillen für den Kerl

Das wäre mal ein schöner Herbstfilm geworden! Sanft hätte er uns drinnen mit warm-goldigen Bildern die Kompresse auf die Augen gelegt, während draußen wieder naß-wabernde Nebel ins Fell steigen. Anzunehmen, daß es Ende September noch nicht ganz so schlimm wird im deutschen Lande. EIN SOMMER IN DER PROVENCE ist also kein Etikettenschwindel, Rose Boschs cinematographischer Leichtfuß tritt nicht nach, sondern streichelt. Er ist harmlos wie ein Frettchen. Ohne Zahn.

Die attraktive Oma sitzt mit ihren Enkeln im Zug gen Avignon, Théo, der Kleinste, ist taubstumm, Léa und Adrian sind verwöhnte Pariser Teenies, die sich – in seltener geschwisterlicher Einigkeit – zu den bevorstehenden Ferien äußern, als ginge es ins Straflager. Hängt alles irgendwie mit Opa zusammen und den ewig mißlichen Familienverhältnissen. Maman ist vor 17 Jahren aus der heimatlichen Provence geflüchtet, ihr Vater weiß nur von seiner Frau, daß er drei Enkel hat. Demgemäß fällt auch die Begrüßung im Bahnhof aus: Härte ist die neue Herzlichkeit. Paul, Olivenzüchter, Ex-Hippie und -Biker, wird so auffällig ruppig gezeichnet, daß überflugs klar ist, daß er und das verwandtschaftliche Hauptstadt-Trio am Ende dicke Freunde werden. Und diese aufgesetzte Eindeutigkeit zieht sich durchs gesamte Dramödchen.

Was wurde da nicht alles reingepackt! Sippenhaft und Befreiungsschlag, alte Liebe, junges Blut, Mistral, Volkskunst und Speisekarte, Drogenhandel und Stierkampf, Alkoholsucht, Verlust und Zugewinn. Das alles im weiten Lauf der malerischen Alpillen, die aus Jungen Männer macht, aus Mädchen echte Frauen. Nicht daß EIN SOMMER IN DER PROVENCE keine Sekunden hätte, doch launige Sätze von Jean Reno wie „Hier sieht der Fernseher uns an“ sind viel zu selten, Brüche mit dem Süßlichen viel zu verkopft, die Konflikte zu hölzern. Bedenklich ist es schon, wenn der sprachlose Lukas Pelissier als Théo am meisten zu sagen hat, dicht gefolgt von Anna Galiena, Lecontes auch im Alter bezaubernde „Friseuse des Mannes.“

Während Jean Reno sich sichtlich müht, nicht allzu bemüht zu sein, verkommen die anderen Figuren, angeführt von den Woodstock-Freunden der Großeltern, eher zu Pappkameraden in einer Story, die die Überraschung scheut wie der Bulle das rote Tuch. Wobei das mit dem iberischen Einfluß auf den französischen Landstrich durchaus überraschend ist. Mal hinfahren! Mal nachprüfen!

[ Andreas Körner ]