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Eine Hochzeit zu dritt

Lesbisch für Anfänger

Deutsche und Gespür für Feinsinn – es scheint sich um zwei völlig konträre Welten zu handeln. Wieder einmal wurde ein hübscher Originaltitel mit teutonischer Gründlichkeit durch etwas ersetzt, das weder Fragen offen noch Spielraum für eigene Gedanken läßt. Aber auch an den Briten muß man im vorliegenden Fall zweifeln. Haben sie ihr Händchen für die bezaubernd andere Liebeskomödie verloren?

Wir möchten es nicht hoffen, sondern glauben, daß EINE HOCHZEIT ZU DRITT-Regiedebütant Ol Parker lediglich noch ein wenig Übung benötigt. Denn grundsätzlich klingt die Idee seines Drehbuches gar nicht mal so schlecht: Rachel ist seit Urzeiten mit Heck liiert und hat sich justament entschlossen, den Langweiler zu heiraten. Und das sogar, obwohl die Ehe ihrer Eltern die denkbar beste Werbung für ein ruhiges Singleleben im Kloster darstellt. Vor dem Altar schaut Rachel tief in zwei Augen, Funken sprühen, und beide Parteien sind sicher, der ganz großen Liebe begegnet zu sein. Schade nur, daß es sich bei der anderen Person nicht um Heck handelt.

Irgendwie positiv anzurechnen wäre Parker, wie entschlossen er hinter seinem Sujet steht; häufig sogar bis zum Kitsch. Parkbänke in der Abendsonne, wehendes Herbstlaub, eine buchstäblich auf Rosen gebettete Liebesszene ... Mit der in diesem Manne wohnenden Romantik hätte man locker zehn normale Kerle ausstatten können. Zudem erfährt man als Zuschauer manches über die Bedeutung überreichter Blumen und wird beim nächsten Grünzeug-Kauf beispielsweise darauf achten, für das Herzblatt keine Hortensien zu erwerben. Nutzt aber leider alles nichts, wenn jede Figur klischiert, jede Wendung auf Minuten vorhersehbar und jeder Dialog dem Baukasten für banale Worthülsen entnommen ist.

Selbst das schicke, vermeintlich Überraschungen bergende lesbische Korsett kneift an allen Ecken, da es nie zur Handlung beiträgt oder gar eine echte Auseinandersetzung mit dem Thema umrahmt, sondern bloß für verklemmte Gags herhalten darf. Etwa dann, als Rachel einen gleichgeschlechtlichen Pornofilm leiht und just in diesem Augenblick ihre spießige Mutter die Videothek entert. Lustig, was?!

Also, Herr Parker: bitte die Kollegen befragen, NOTTING HILL studieren, ganz viel lernen – und dann erneut versuchen.

Originaltitel: IMAGINE ME & YOU

GB/D 2005, 94 min
Verleih: X Verleih

Genre: Romantik, Schwul-Lesbisch, Komödie

Darsteller: Piper Perabo, Lena Headey, Matthew Goode, Celia Imrie, Anthony Head

Stab:
Regie: Ol Parker
Drehbuch: Ol Parker

Kinostart: 25.05.06

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...