Brasilien/D 2017, 105 min
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation, Schicksal

Regie: Hank Levine

Kinostart: 29.03.18

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Exodus

Dana, Napuli, Bruno und all die anderen

Die Stärke des Dokumentarfilms EXODUS ist, ganz unterschiedlichen Fluchtgeschichten in einer globalen Dimension Platz einzuräumen. Eine Wegstrecke lang lernen wir die betroffenen Menschen kennen – die Syrierin Dana, die in São Paulo lebt, oder Napuli in Deutschland, die aus dem Südsudan floh. Sie und die anderen Heimatlosen mußten gehen oder haben es vor, sind auf einer Zwischenstation der Flucht oder gezwungen zu warten, daß sie in ihre Heimat zurückkehren können.

EXODUS führt uns in die West-Sahara, nach Brasilien, in den Südsudan, nach Myanmar und auf Kuba, die Bilder springen zwischen den Ländern hin und her, lassen die eine Erzählung auf die andere treffen. Die Kamera kann, was die Menschen nicht können: sich ungehindert bewegen. Es ist ein ruhiger Film mit Sinn für die schöne Poetik weiter Kameraeinstellungen, in denen der Mensch als kleiner Teil des Ganzen in die Ferne blickt. In diesen Momenten bleibt Raum für Fragen, wie die nach der Grenze zur Heimat, wo sie anfängt, und auf welcher Seite man steht und beurteilt. Tarcha mußte aus den besetzten Gebieten der West-Sahara fliehen und konnte später nie zurückkehren. Seit 40 Jahren lebt sie in Lagern in der algerischen Wüste und wartet darauf, die Grenze zu ihrem Zuhause übertreten zu dürfen. Hauschkas Musik setzt der verlorenen Stimmung treffende Impulse und läßt die stillen Bilder klirren, streckenweise trägt sie jedoch zu stark auf.

EXODUS zeigt die Lebensumstände der Geflüchteten jedoch nicht nur als Leidensweg, sondern nimmt sie auch als mutige und aktive Menschen wahr, die engagiert in Protesten oder im Flüchtlingsrat handeln. Die Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben und einer Heimat als sozialem Ort geht Hand in Hand mit dem Willen zum Überleben und dem Kampf für Gerechtigkeit. Interessant, daß auch Napulis Eltern im Südsudan zu Wort kommen, die von ihrer Situation sprechen, als Eltern zurückgelassen und ohne Tochter weiterzuleben.

So eröffnet der Film neue Blickwinkel innerhalb der Flüchtlingsdebatte, die sonst vernachlässigt werden. Eher störend wirkt hier die Sprecherin, die an manchen Stellen ihre poetischen Schwingen durch das Bild wehen läßt. In ihrer pathetischen Rhetorik können sie leider als aufgedrückter Moralappell mißverstanden werden.

[ Katharina Wittmann ]