Noch keine Bewertung

French Women

Ein Stall voller Hühner

Das ist natürlich ein gefundenes Fressen für die immerernste Filmkritik: Regiedebütantin Audrey Dana formuliert ihr Anliegen für FRENCH WOMEN derart, daß sie es leid war, wenn Frauen im französischen Kino allenfalls Beiwerk sind, der Mann dafür im Mittelpunkt steht. Nun, zum einen hat sie wohl zu wenige französische Filme gesehen, zum anderen stehen in ihrem Film zwar gleich elf Frauen im Zentrum, die bleiben aber trotzdem Garnitur.

Was, wenn man sich ein wenig locker macht, völlig in Ordnung geht: Derart grob gemeißelte Häppchen im vorliegenden Episodenfilm sind zwangsläufig von solcher Luftigkeit, daß die Figuren nicht viel mehr sein können als Zierde, dekorative Aufhübschung, denen, nebenbei gesagt, es aber einigen Spaß macht zuzuschauen. Augenzwinkern ist die Devise, denn wer Ausführungen über die Verbindung vom Wesen der Frauen und dem Klimawandel in aller Ernsthaftigkeit verfolgt, dem sei doch Hilfe angeraten. In der Tat ist es ein ziemlich wüster Stall aufgescheuchter Hühner, die hier über allerhand Um-die-Ecke-Schielerei miteinander zu tun haben sollen. Frau hält zusammen, ist die Botschaft, wenn Göttergatte oder Kurzzeitliebhaber mal wieder nerven, versagen, betrügen und eben langweilen. Auszugsweise wäre da Jo erwähnt, ein wollüstiges Weib, das sich das Birnenmännlein einer anderen schnappt, um aus ihm die Leidenschaft für Hündchenspiele zu kitzeln. Außerdem Ysis, deren Angetrauter der besten Freundin nachstellt, sie sich wiederum schon bald durch die Laken mit der Babysitterin wühlt.

Vielleicht noch Rose, die klassische eiskalte Unternehmerbitch, durch deren Blutbahn ärztlich besiegelt zu viel Testosteron blubbert. Und schließlich noch Agathe und Fanny, die vielleicht anrührendsten Figuren im Gehege, wobei die erstere sich nach der wirklichen Liebe sehnt, was im entscheidenden Moment zum Verdauungsproblem wird, und die zweite schließlich, Busfahrerin aus Leidenschaft, ihrer extreme Ticks auslösenden Ehe entflieht und sich mit einem vermeintlich schwulen Filmstar ins Pariser Unterholz zum raschen Sex verkriecht.

Kaum zu erwähnen: FRENCH WOMEN ist ein einziges Film gewordenes Klischee, aber wie das bei Klischees eben oft so ist, so ein bißchen was Wahres schwingt da immer mit. Ein Beispiel? Nun, die nicht immer ganz damenhaften Damen beschweren sich nicht zu Unrecht, daß von Frauen häufig verlangt wird, sich die Brüste zu vergrößern. Und was bitte ist mit den Schwänzen der Männer? Eben! Und weil sich Audrey Dana in der Figurenzeichnung nicht reinquatschen ließ, sind die Femmes hier wie aus einer Patientenkartei: hysterisch, neurotisch, einsam, notgeil, schlampig, wunderschön, lächerlich, tobsüchtig, müde, kurzsichtig, tyrannisch oder eben nur verstopft. Und darüber hinaus? Nun, etwas Befreiendes und an sich Selbstverständliches formuliert der Film schon: Frauen wollen eben nicht nur Mutter, Köchin oder Ehefrau sein! FRENCH WOMEN, in gewisser Beiläufigkeit, postuliert da schon eine Müdigkeit ob der ewig vergleichenden Kategorisierung, wer in einer Ehe nun mehr verdient, wer sich deswegen kleiner macht. Frauen wollen Normalität und den Ausbruch aus dieser. Klassische Schizophrenie eben – und schon mal sehr sympathisch! Manchmal ist es aber eben auch ganz schlicht: Champagner statt Sekt!

In wenigen Momenten fährt der Film Selbstironie auf: Ausgerechnet Isabelle Adjani, die unverkennbar ihrem Chirurgen ein gesichertes Einkommen vermacht, spielt in wallenden Tüchern Lili, die sich aus Furcht vorm Schreckgespenst Menopause in einen ziemlich albernen Jugendwahn flüchtet.

Und noch ein Tip an unbelehrbare Männer: Hören Sie nie auf eine Frau, die Sie auffordert, auch mal Anlauf zu nehmen. So eine Tür heilt ganz schlecht aus dem Kopf ...

Originaltitel: SOUS LES JUPES DES FILLES

F 2014, 111 min
FSK 12
Verleih: Alpenrepublik

Genre: Komödie

Darsteller: Vanessa Paradis, Isabelle Adjani, Laetitia Casta, Sylvie Testud

Regie: Audrey Dana

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.