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Frohe Zukunft

Was nach der Wende wurde

Es war nicht anders zu erwarten. 2009 wird das Jahr des Vor-, Nach- und Mittendrin-Wendefilms. Bianca Bodaus Dokumentation widmet sich jedoch nicht den spektakulären Geschichten Prominenter und betreibt auch keine historische Aufarbeitung im Hochglanzformat, sondern sucht ihren erzählerischen Ansatz im „kleinen“ Rahmen familiärer Einzelschicksale. So weit, so interessant.

Ausgangspunkt ist die Biografie der Filmemacherin. Ihre Eltern verloren nach der Abwicklung der Werft in Warnemünde beide ihren Arbeitsplatz und standen mit 50 Jahren vor dem Nichts. Der Vater findet eine Stelle beim Wachschutz und zieht in den Westen Deutschlands. Zwei Jahre später kommt seine Frau mitsamt Schrankwand nach. Es soll wie zu Hause aussehen in der kleinen Sozialwohnung. Aber das Gefühl von Zuhause stellt sich nicht ein. Die Mutter wird zur Kettenraucherin, der Vater beginnt zu trinken. Nachdem sie ihn verläßt, gibt er sich auf. Bodau will wissen, wie es anderen Familien mit dem Systemwechsel erging und begibt sich nach Halberstadt, Halle und Uckermünde, um sich persönliche Wendefolgen erzählen zu lassen. Jedoch reicht die umfangreiche Sammlung von Interviews weder für eine ambitionierte soziologische Studie im Mikrokosmos des Alltäglichen aus, noch schafft es Bodau, eine Atmosphäre mit filmischen Mitteln zu erzeugen.

Dafür ist auch die Kameraarbeit zu beliebig, und es scheint, als wäre die Zeit knapp gewesen und hätte nur für wenige Drehtage pro Familie gereicht. Für Beobachtungen blieb keine Zeit, dafür wird Erlebtes abgefragt. Dabei werden durchaus interessante Punkte berührt: Da zerbricht das Bild des starken Vaters sowohl bei Familie Nicolas als auch bei den Ditzes, geschlechterspezifische Rollenmuster geraten ins Schwanken, und komplette Weltbilder stürzen ein, wie bei der Kreistagsabgeordneten Dorit Maas und ihrem Sohn Edgar, dem Soldaten.

Trotzdem schimmert nur hier und da ein wenig „echte“ Persönlichkeit der Protagonisten durch. Ansonsten bleiben uns die Familien Ditze, Nicolas und Maas seltsam fremd. Genau wie Bodau ihre persönliche Geschichte nur als einführende Fußnote erwähnt, verharren ihre aufgefundenen Schicksale an der Oberfläche, sie bleiben exemplarisch. Dem Film fehlt deshalb die Größe – im Sinne von berührender Unverwechselbarkeit – für die große Leinwand.

D 2008, 87 min
Verleih: Eigenverleih

Genre: Dokumentation

Regie: Bianca Bodau

Kinostart: 12.02.09

[ Susanne Schulz ]