Originaltitel: GAMBIT

USA 2012, 89 min
FSK 0
Verleih: Concorde

Genre: Komödie, Krimi

Darsteller: Cameron Diaz, Colin Firth, Alan Rickman, Tom Courtenay, Stanley Tucci

Stab:
Regie: Michael Hoffman
Drehbuch: Ethan und Joel Coen

Kinostart: 20.06.13

14 Bewertungen

Gambit – Der Masterplan

Das Cowgirl, der Nerd und die angegammelte Großmutter

Oh nö, bitte nicht. Ganz ehrlich – das war der erste Gedanke, als es hieß: Colin Firth und Cameron Diaz. Der wunderbare, kluge, komische, elegante, facettenreiche, schmallippige, stets etwas steife, auf den zweiten Blick aber schon heiße Brite trifft auf dieses überdrehte, amerikanische Schnatterinchen, diese blauäugige Fitneßgranate, die eigentlich nur einmal richtig gut war. Und das ist auch schon 16 Jahre her, der Film hieß VERRÜCKT NACH MARY. Nun, das ist die entspannende Nachricht: Es darf ganz neu gezählt werden, denn Cameron Diaz ist fabelhaft, zum Verrücktwerden und urkomisch in diesem von den Coen-Brüdern geschriebenen Lachstück. Und zu Colin Firth muß eh nix ergänzt werden.

Die beste Exposition einer Komödie ist nicht selten die Gefühlslage eines Unterbutterten, Zurückgewiesenen, Kleingehaltenen und Ausgebremsten. Da sind wir bei Harry Deane, einem gewissenhaften Kunstkuratoren, der sich täglich an den charakterlichen Monstrositäten eines von Alan Rickman herrlich bis an die Grenze zur Karikatur gegebenen Chefs abarbeitet. Dieser Lionel Shahbandar, die Coens mögen schrille Namen, ist ein Ekel in Reinnatur, eine arrogante Sau, ein getriebener und eigentlich recht kenntnisloser Kunstsammler. Harrys Stunde schlägt, als er den Plan erspinnt, mit einem befreundeten Fälscher den von Shahbandar so begehrten Monet „Heuschober in der Abenddämmerung“ erwerbbar zu machen. Die „Morgendämmerung“ hängt schon neben anderen Preziosen in Lionels schloßartigem Domizil. Und weil Shahbandar, dessen Bürotür sich stets mit einem Löwenfauchen öffnet, nicht nur gierig, sondern auch von schwachem Fleische ist, sitzt Harry bald im Flieger, um eine texanische Schönheit zu ködern, die – so der Plan – über die Nazijägervergangenheit ihres Ur-Großvaters an den Ölschinken gekommen sein soll, der nun im heruntergekommenen Bungalow dieser Blondine hängt.

Allein das Kennenlernen der auf Nutztierrodeos spezialisierten Texanerin, die auf den Namen PJ Puznowski hört, das Fotoshooting mit ihr, dem Monet und einer – freundlich ausgedrückt – leicht angegammelten Großmutter ist brüllkomisch und läßt von Beginn an deutlich werden, daß dieser Coup alles Mögliche ist – außer idiotensicher. Das Tempo dabei ist hoch, das Timing perfekt, die Lacher sitzen, Regisseur Michael Hoffman macht in GAMBIT alles richtig. Und die Freude, auch mal über die Stränge zu schlagen und die gute Erziehung und den besseren Geschmack einfach zu vergessen, zeigt sich in Running Gags, in denen Harry sich mit einem perfiden Sitzmöbel herumplagt, Bein überschlagen in Hotelzimmern fremder Frauen hockt und eben auch in der Erkenntnis, daß selbst ältere Edeldamen bisweilen kräftig winden müssen.

Den Odem, aus dem astreiner Komödienstoff häufig gemacht ist, inhaliert GAMBIT aus dem Zusammenknall der Kulturen in Form zwei so verschiedener Menschen wie Harry und PJ. Der distinguierte, vielgereiste, bisweilen etwas vertrottelte Brite kollidiert mit der lauten, Ziegen fangenden, aus der Pulle trinkenden und erstmals das texanische Kaff verlassenden Amerikanerin. Allein die sprachliche Divergenz – einfach herrlich. Bauchhaltend komisch werden alte Klischees neu aufpoliert, die stetig absurder werdende Umsetzung des Gaunerstücks wird auch textstark orchestriert, wobei man sich biegen möchte, wenn Harry seine immer blödere Situation in Schlips und Unterwäsche so nüchtern analysiert und kommentiert, hingegen PJ eher pragmatisch und naturverbunden agiert. Denn schon ihre Mama sagte: „Wenn es juckt, dann soll man kratzen. Egal wo!“

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.