Originaltitel: WHILE WE’RE YOUNG

USA 2014, 97 min
FSK 0
Verleih: Square One/Universum

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Ben Stiller, Naomi Watts, Adam Driver, Amanda Seyfried, Charles Grodin

Stab:
Regie: Noah Baumbach
Drehbuch: Noah Baumbach

Kinostart: 30.07.15

1 Bewertung

Gefühlt Mitte Zwanzig

Paartherapie nach Dr. Baumbach

Der Mensch zeigt an sich ja eine gewisse Schizophrenie: Ist er jung, möchte er unbedingt älter sein, im Alter geht die verzehrende Sehnsucht nach der Jugend los. Mittendrin herrscht oft zwischen Behaglichkeit und emotionaler Prärie schwankende Ruhe, so wie bei Cornelia und Josh, beide um die 40, nachwuchslos, ergo eher frei im Handeln, indes leidenschaftsbeschränkt. Ein Paar, das einander als selbstverständlichen, sicher etwas eingestaubten Teil des Lebensinventars ansieht, mit Dingen aufhört, ohne ausgleichend andere zu beginnen. Die besten Freunde wurden eben Eltern und kreisen seither in enger Umlaufbahn ums Baby, was zu manchem grandiosen Gag führt, beispielsweise Cornelias blankes Entsetzen beim begleitenden Besuch eines Mutter-Kind-Musikkurses. Aber Regisseur und Autor Noah Baumbach hat mehr im Sinn.

Konkret knüpfen unsere Vierziger zarte Freundschaftsbande zu Jamie und Darby, einem Pärchen Mitte Zwanzig. Was zunächst wie ein Befreiungsschlag wirkt: Das ziemlich schräge Gespann pumpt frisches Blut durch die verkalkten Beziehungs-Venen, heilendes Gruppenkotzen inklusive. Noch pflanzt Baumbach sein Werk hier in komödiantischen Gefilden, was ungeachtet eines gewissen Hangs zum chaotischen Themenanriß trefflich funktioniert, wofür eben auch vier bestens aufgelegte, den Witz aus angenehmer Zurückhaltung kitzelnde Darsteller Sorge tragen, in erster Reihe positioniert sich dort eine ebenso zerbrechliche wie bei Bedarf zu stählerner Stärke auflaufende Naomi Watts.

Dann scheint Baumbach allerdings seinen Handlungsfaden zu verwickeln, wenn er ein völlig neues Feld beackern will, das Steuer herumreißt, intergenerationelle Mißgunst näher beleuchtet und sukzessive gar Authentizität und Moral zur Diskussion stellt. Spannende Sujets, das soll überhaupt nicht bezweifelt sein, jedoch mag – im Gegensatz zur häufig geradezu hypnotischen Musikauswahl – der Ton nicht richtig klingen, es fehlt an Harmonie. Vielleicht, weil die Figurenzeichnung (älter = integer, jünger = opportunistisch) da arg grob gepinselt geriet, eventuell stört schlicht der Fokuswechsel.

Trotzdem lädt Baumbachs Humanstudie zur nimmermüden Selbstreflexion und garantiert dabei über weite Strecken großartige Unterhaltung. Vorausgesetzt, man hat das Alter X erreicht und schon mal ganz ernsthaft jene universelle Frage geäußert: „What The Fuck Is Happening To Us?!“

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...