4 Bewertungen

Geständnisse

Mord im Bildungshort

Der letzte Schultag vor den Ferien. Die Horde von Siebtklässlern ist außer Rand und Band, die junge Lehrerin scheint vollkommen überfordert, die Aufmerksamkeit dieses disziplinlosen Haufens zu ergattern. Doch die Frau läßt sich nicht beirren. In ruhigem Ton erzählt sie ihre Geschichte. Vom Tod eines kleinen Mädchens. Ihrer Tochter. Ertrunken in einem Schwimmbad. Angeblich ein Unfall. Doch die Lehrerin weiß: So war es nicht. Ihre kleine Manami wurde getötet. Und die beiden Mörder sind Schüler der Klasse. Plötzlich herrscht Stille im Klassenzimmer. Die Lehrerin hat die Aufmerksamkeit ihrer Schüler. Und die des Zuschauers.

Was anhand dieser Ausgangssituation ein nervenaufreibender Klassenzimmer-Krimi werden könnte, entpuppt sich nach und nach als abgefahrene Rachegeschichte, bei der einem vor lauter Stimmungswechsel und überraschender Wendungen trotz der poetischen, elegischen Bilder immer wieder schwindelig zu werden droht. Wer die Täter sind, wird im ersten Akt schon abgespeist. Erst die titelgebenden Geständnisse, die jeweiligen Perspektiven der Täter und des vermeintlichen Opfers, der Lehrerin, geben dem Film das Futter, aus dem Regisseur Tetsuya Kashima seine durchgedrehte Geschichte über das Töten und dessen Beweggründe spinnt. Auch wenn es am Ende etwas zu viel wird mit den Haken, die die Story zu schlagen sucht, gefesselt bleibt man im Gegensatz zu eigenen Unterrichtserfahrungen hier bis zum Ende.

Das Klassenzimmer wird nach BATTLE ROYALE und dessen Fortsetzung erneut zum dystopischen Mikrokosmos der menschlichen Abgründe. Wo in Deutschland Sozialdramen und Lausbuben-Komödien stattfinden, wird im Land der aufgehenden Sonne gemetzelt, was das Zeug hält und dem Zuschauer menschliche Tragödie von barocken Ausmaßen serviert. Was auch immer es über eine Gesellschaft aussagen mag, wenn die Szenarien des Grauens vermehrt im Bildungshort stattfinden, für das Kino bietet es beste düstere Unterhaltung.

Dazu darf man immer wieder beeindruckt sein, was für Schauspieltalent sich an Japans Schulen tummelt. In Sachen origineller Kino-Thrill in jedem Fall eine glatte 1. Setzen!

Originaltitel: KOKUHAKU

J 2010, 106 min
Verleih: REM

Genre: Drama, Thriller

Darsteller: Takako Matsu, Masaki Okada, Yukito Nishii

Regie: Tetsuya Kashima

Kinostart: 28.07.11

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...