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Ghost World

Sensible Teenager-Geschichte ohne Hollywood-Glanz

Normalerweise sind amerikanische Film-Teen-ager schon auf Kilometerentfernung auszumachen. Der Vielfalt wegen seien hier zwei stereotypische Musterbeispiele erwähnt: zum einen der junge Mann, der debil grinst, sich nervös und kopfgeneigt durchs gegelte Collegeboy-Haar fährt und - wenn er dann betrunken seine ländliche Unschuld in den Ferien verloren hat - erstmal Jura studiert. Zum anderen das gruftige, leicht lesbische, stets beleidigt wirkende und Nick Cave dauerhörende Mädel. Das ist zum Glück nicht die Sichtweise von Terry Zwigoff.

Der nämlich erzählt uns die sensible Geschichte zweier Freundinnen, denen nach dem Highschool-Abschluß eben nicht der amerikanische Himmel zu Füßen liegt. Ein bißchen frustig ob der noch wackligen Orientierung, antworten Enid und Rebecca auf die Kontaktanzeige einer einsamen Seele. Schlicht, um ihn vorzuführen. Was als kleine Gehässigkeit entstand, entwickelt sich zur Freundschaft zwischen Enid und dem kauzigen Plattensammler und Eremiten Seymour. Sie hilft ihm, den Glauben an die große Liebe nicht zu verlieren, macht einige Dates für ihn klar und bleibt dabei mit ihren eigenen Sorgen auf der Strecke. Mit Rebecca gibt es Zoff, weil Enid die Planung für eine erste gemeinsame Bude über den Haufen wirft und generell keine Zeit mehr für ihre Freundin hat. Aushilfsjobs in Fast-Food-Läden, die endlose Jagd nach Träumen. Bis für Enid klar wird: sie muß raus hier...

Kein blödpubertäres Rumgesülze, keine kraftmeierischen Saufattacken - bei allem Witz nimmt Zwigoff die latenten Sorgen junger Leute in dieser melancholischen Komödie sehr ernst. Seine streunenden Katzen fahren Krallen aus und wollen wissen, wohin das Leben sie spülen wird. Es geht um Identität und Vertrauen, um Zusammenhalt und echte Freundschaft.

Wenn man jung mutigere Wege gehen dürfte, Entscheidungen treffen könnte, die eben keine gesellschaftlich verordneten Sicherheitsnummern sind, würden viel weniger Menschen einsam altern oder vorher explosiv austicken.

Originaltitel: GHOST WORLD

USA 2001, 112 min
Verleih: Advanced

Genre: Teenie, Tragikomödie

Darsteller: Thora Birch, Brad Renfro, Steve Buscemi, Scarlett Johanson

Regie: Terry Zwigoff

Kinostart: 18.10.01

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.