4 Bewertungen

Hai-Alarm am Müggelsee

Alarm-Film? Wat’n ditte?

Komödie ist das Schwerste überhaupt. Besonders in Deutschland, wo man nicht nur im Kino gern dem Credo folgt, daß Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Also auch über Witze, mithin Komödien, in denen es in Ermangelung des Witzes eigentlich nichts zu lachen gibt. Weshalb jemand wie, sagen wir, Mario Barth oder auch, um beim Kino zu bleiben, Til Schweiger ihre wahrlich nicht kleinen Brötchen mit Lustigkeiten verdienen können, die frei jeglichen Geschmacks, sprich Humors sind. Und bevor das falsch verstanden wird: Es sei ihnen gegönnt, dem Mario wie dem Til, denn sie tragen wenig Schuld. „Deutscher Humor ist wie englischer Handball – gibt es nicht. Geh mal ins Ausland und sag’ ,deutscher Humor‘, die lachen sich krank.“, sagt, die Sache auf den Punkt bringend, Robert Miller. Der allerdings jemand ist, den es eigentlich gar nicht gibt, ein deutscher Comedian mit Humor nämlich.

Aber um den weitschweifigen Gedankengang endlich mal zu Ende zu führen: Daß es eben keinen deutschen Humor gibt, wissen wohl auch die Macher von HAI-ALARM AM MÜGGELSEE. Weshalb hier eben keine Komödie vorliegt, sondern etwas ganz anderes und Innovatives: Ein Alarm-Film nämlich. In dem steht zu Beginn ein Bademeister im titelgebenden Binnengewässer. Es herrscht Morgenidylle. Friedliche Stille, die unser Bademeister auch nicht stören will, als er plötzlich seinen Blut verspritzenden Armstumpf aus dem Wasser zieht. Irgendwas hat sich mit seiner Hand davongemacht: „Wat’n ditte?“ fragt der Kerl sinnierend – und nein, darob schrillen keine Alarmglocken, sondern juchzt das Zwerchfell.

Denn ja, HAI-ALARM AM MÜGGELSEE ist witzig. Nicht immer, aber meistens. Weil das Autoren- und Regie-Duo Leander Haußmann und Sven Regener hier ganz offenbar einfach nur das tat, worauf es Bock hatte. Rumspinnen, kauzig sein, eine breit berlinernde Heimatfilm-Hymne in Rumpel-Blues-Akkorden auf Friedrichshagen am Müggelsee singen und eine Geschichte häkeln, deren Laufmaschen manchmal herrlich konfus im Lüftchen gehobener Sinnfreiheit wehen. Ein Lüftchen, das die ansteckend gut aufgelegten Schauspieler wie Luftballons mal hierhin, mal dorthin durch einen Film weht, dessen Botschaft laut Regener wie folgt lautet: „Die Zahnpasta der Angst läßt sich nicht mehr in die Tube der Beschwichtigung zurückstopfen.“ Soll wohl heißen: Die deutsche Komödie ist tot. Es lebe der Alarm-Film. Was immer das ist.

D 2013, 100 min
FSK 12
Verleih: X Verleih

Genre: Komödie

Darsteller: Henry Hübchen, Michael Gwisdek, Benno Fürmann, Annika Kuhl, Detlev Buck, Tom Schilling

Regie: Leander Haußmann, Sven Regener

Kinostart: 14.03.13

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.