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Headhunters

Kleiner Mann, was nun?

Roger leidet unter einem oft vernommenen männlichen Problem, nämlich Mangel an Größe. Wir reden aber nicht von einem XS-Schwänzchen, wenigstens liegen diesbezüglich keine Informationen vor, sondern allgemeinen Körpermaßen – 1,68 Meter sorgen für Komplexe, zumal mit Diana auch eine aufregend-laaaangbeinige Model-Gattin an seiner Seite logiert. Der psychisch Lädierte kompensiert den scheinbaren Makel auf erneut typisch maskuline Weise: Da wären eine Geliebte und natürlich Geld. Und zwar sehr viel. Der Job als Headhunter (im Sinne von Personaldienstler) gibt’s aber nicht her, ergo werden nebenberuflich Gemälde aus Privatwohnungen geklaut und vertickt. Das neueste Opfer heißt Clas und besitzt einen echten Rubens. Doch jetzt bricht Rogers ureigene Hölle los: Daß sich Diana affärentechnisch dem kernigen Clas zuneigt, ist bloß die Ouvertüre zum folgenden Wahnsinn aus Gewalt und Tod, denn Clas war früher mal Headhunter (nun im Sinne von Kopfgeldjäger) und reagiert verstimmt ...

Klar sollte man da die mehr Haken als ein flüchtender Durchschnittshase schlagende Handlung als solche akzeptieren, ebenso wie allerlei Eingriffe seitens des Kollegen Zufall, weil es ohne sie keinen Film gäbe. Stört jedoch keine Sekunde, das Ergebnis stimmt einfach. Was als geradezu klassischer Krimi mit pulsierender Musikuntermalung und eleganten Bildern beginnt, mausert sich schnell zum heftigen Trip gegen übliche Konventionen. Wie Roger ums Überleben kämpft, welche Geheimnisse praktisch jede Figur herumträgt, das ist schwer unterhaltsam und nicht ohne fiesen Humor inszeniert, kongenial gemimt und immer knapp am Rand der Hysterie verortet. Da schwingen eben schrill kreischende Mörderweiber blitzende Messer, versinkt Rogers Existenz – einmal wortwörtlich – im Lokus, und die Jungs vom Bluteffektdepartment haben teilweise auch ganz gut zu tun; Kopfschüsse gehen letztlich eher noch als harmlose Verletzungen durch. Tierfreunde seien allerdings gewarnt – eine offensichtlich aus dem Team auf den Hauptdarsteller geworfene Katze können sie sicher verkraften, wohingegen die Hundesache ...

Selbst für Nichtkenner des hier adaptierten Romans bleibt nach dieser cineastischen Garstigkeit schließlich festzuhalten: Bestsellerautor und Vorlagenlieferant Jo Nesbø mag ja so insgeheim ein richtig netter Kerl sein. Im Dunkeln möchte man ihm aber trotzdem kaum begegnen.

Originaltitel: HODEJEGERNE

Norwegen 2011, 100 min
FSK 16
Verleih: NFP

Genre: Thriller, Schräg, Literaturverfilmung

Darsteller: Aksel Hennie, Synnøve Macody Lund, Nikolaj Coster-Waldau, Eivind Sander, Julie Ølgaard

Regie: Morten Tyldum

Kinostart: 15.03.12

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...