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Henri 4

Reginas Glanz und Heinrichs Gloria

Im Präsentierschrank der Filmproduzentin Regina Ziegler herrscht Gedränge: das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, Adolf-Grimme-, Berlinale- und allerhand Ehrenpreise. Und doch scheint sie weiter den Traum von der supranationalen Kinomegaproduktion zu träumen – mit historischer Dimension, großen Namen und noch größerem Budget. Nun hat sie weder Kosten noch Mühen gescheut, um sich diese kleine Freude zu bereiten. Heinrich Manns Doppelroman über Jugend und Vollendung des Königs Henri Quatre macht ihr die literarische Vorlage, Jo Baier den Regisseur und Hans Zimmer die Musik. Der standesgemäße Teppich für den Auftritt des sprichwörtlichen „guten Königs“ aus der Gascogne ist also ausgelegt, die Kampfansage an Patrice Chéreaus makellosen Film zum selben Themenkreis (LA REINE MARGOT) ist ausgesprochen.

Kurz spaziert man durch Henris Knabenzeit Mitte des 16. Jahrhunderts, als er noch Prinz von Navarra geheißen wurde, staunt über einen wirren alten Mann, der sich als Nostradamus entpuppt. Die frühen Mannesjahre bringen Tod und Verderben, die Hugenottenkriege toben, die Weiber locken, und im Louvre hockt die katholische Giftmischerin Katharina von Medici, die zur Befriedung des Landes ein liederliches Früchtchen von Tochter zu vergeben hat. Man bereitet Henri und seinen Protestanten eine Bartholomäusnacht, die sich mit Blut und Schlachtenmatsch gewaschen hat. Man schüttelt dem zukünftigen König die Betten auf, durch die sich so manche Frau und ein gutes halbes Jahrhundert französische Geschichte schläft.

Selbstredend wird hier nach allen Regeln des Kunsthandwerks geschüttelt, damit das Heer von Ausstattern die edlen Requisiten bloß nicht in den falschen Filmecken abstellen möge. Nein, sie stehen alle richtig – die Kleinmöbel und Großschauspieler, die Arme-Leute- und Soldatenstatisten. Und sie stehen immer im günstigsten Licht, auch wenn unter Gernot Rolls Kamera jede Farbnuance ein allerweltshistorizistisches Sepia zu werden droht. Doch was nützt die ganze Pracht, wenn sie einem so museal, so vitrinenhaft vor die Nase gehalten wird?

Trotz wechselnder Orte und Zeiten ist dieses historische Ereignisbild auch durch Tod und Teufel nicht aus seinem verzierten Rahmen zu heben. Nicht, daß die Schauspieler das in solitären Kraftakten nicht versucht hätten. Aber weder der Regisseur noch die Kollegen wollten wohl mit anpacken.

D/F/Österreich/Spanien 2009, 155 min
FSK 12
Verleih: Central

Genre: Historie, Drama

Darsteller: Julien Boisselier, Joachim Król, Armelle Deutsch, Ulrich Noethen, Devid Striesow, Hannelore Hoger, Andreas Schmidt, Gabriela Maria Schmeide, Karl Markovics

Stab:
Regie: Jo Baier
Drehbuch: Jo Baier
Musik: Hans Zimmer

Kinostart: 25.03.10

[ Sylvia Görke ]