D/Belgien 2012, 117 min
FSK 6
Verleih: Universum

Genre: Literaturverfilmung, Drama

Darsteller: Lisa Tomaschewsky, Karoline Teska, David Rott

Regie: Marc Rothemund

Kinostart: 28.03.13

1 Bewertung

Heute bin ich blond

Ein Leben und neun Perücken

Party und Piccolo, Shoppen und Sex. Die angehende Studentin Sophia ist das Musterexemplar des sorgenfreien Balgs aus dem gehobenen Mittelstand. Eine, die ihren Weg gehen wird und das Leben zu nehmen weiß. Jung, attraktiv, selbst- und karrierebewußt. Eine dieser Yogurette-Hedonistinnen, bei denen auch charakterlich immer alles so aufgeräumt und schattenlos ist, daß man es kaum aushält. Das Leben – leicht muß es sein, und leicht fällt es Sophie. Jung, Schwung, Stimmung … Krebsdiagnose.

HEUTE BIN ICH BLOND ist Marc Rothemunds Verfilmung des Bestsellers der niederländischen Autorin Sophie van der Stap. Ein Buch, das wiederum aus Blog-Einträgen entstand, welche van der Stap während ihrer Krebserkrankung verfaßte. Und wie so oft bei derartigem Sujet kommt man sich etwas herzlos vor, wenn man allzu streng mit der Meßlatte der literarischen Qualität hantiert. Also lassen wir das an dieser Stelle und konzentrieren uns auf den Film.

Der zeigt uns Sophie in ihrem Optimismus unerschütterlich. Und ihrer Eitelkeit auch. Nein: Es gibt überhaupt nichts daran auszusetzen, daß hier eine Krebskranke auch den körperlichen Blessuren der Chemotherapie ein Schnippchen schlägt, indem sie sich neun verschiedene Perücken zulegt. Den Kahlschädel verbergend und mit jeder neuen Haarpracht sich selbst als neuen Charakter erfindend. Ich ist ein anderer – und der hat keinen Krebs. Im Grunde ein Stoff, der berührend ist. Zum Verzweifeln traurig und todestrotzig witzig, eine emotionale Berg-und Talfahrt. Die findet bei Rothemund nicht statt. Sein Film ist bestenfalls ein Spaziergang im Stadtpark. Emotionen gibt es in der Yogurette-Variante. Harsche Schattierungen sind weggeleuchtet. Untiefen eingeebnet. Das körperliche Verfallen, die verdammte Angst vorm Sterben und die Kehrseite davon, ein Lebenshunger, der sich auch mal egoistisch gefräßig aufzeigt – nichts davon wird so verdichtet, in Szenen und Stimmungen komprimiert, daß es wirklich unter die Haut geht.

Man will keinen verschrecken, will Mut machen, behauptet das. Nur erscheint dieser vermeintliche Optimismus fatal oft als erzählerischer Opportunismus. Wie meistens bei der Verfilmung eines Bestsellers, ist wohl auch hier weniger Mut als vielmehr Geldscheffeln die Intention. Mag sein, daß dieser Eindruck dem Film Unrecht tut. Von ungefähr aber entsteht er nicht.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.