D 2011, 106 min
FSK 12
Verleih: Constantin

Genre: Tragikomödie, Satire

Darsteller: Michael Bully Herbig, Jürgen Vogel, Thekla Reuten, Steffi Kühnert, Sebastian Blomberg

Regie: Leander Haußmann

Kinostart: 27.10.11

1 Bewertung

Hotel Lux

Breiter Stoff für schmale Schultern

Was für eine Vorlage! Welch abenteuerlicher Plot voll augenzwinkernder und durchaus bewegender Momente! Und was hätten wohl Chaplin, Lubitsch oder auch Allen aus diesem Steilpaß einer geradezu aberwitzigen historischen Vorlage mit ernstem Hintergrund gemacht? All das muß man sich fragen, wenn man sieht, was Leander Haußmann daraus machte, denn man darf durchaus enttäuscht sein, weil Haußmann sich verhob. Weil er irgendwie die Mittel nicht im Griff hatte, weil HOTEL LUX letztendlich zwar nicht zum Totaldesaster, doch aber zur Autsch-Landung geriet. Auch weil die Schultern aller Beteiligten zu schmal waren.

Doch worum geht’s? Das Hotel Lux in Moskau gab es tatsächlich, hier fanden sich zahlreiche Kommunisten, Künstler und sonstwie Flüchtige aus Deutschland zusammen. Im Film verschlägt es den Komiker Hans Zeisig ins Bettenhaus unterm roten Stern. Das war wohl eine Stalinparo-die zu viel, ein Hitler-Gag seines Kompagnons Siggi Meyer zu schräg und die Judennummer ohnehin der bittere Kompromiß, der die Freundschaft der beiden auf die Zerreißprobe stellte. Denn Siggi ist Kommunist aus vollem Herzen, Hans ist eher der Durchlawiner, Hollywood-Träumer, HanszeisiginallenGassen eben. Für Siggi heißt es Untergrund, für Hans zwar nicht Tinseltown, aber immerhin Moskau. Und wie es sich für einen bis dato recht oberflächlichen Typen gehört, und weil Liebe im Kino ganz besonders knistert, führt der Weg dahin übers Bett, das er mit einer rothaarigen Kommunistin zu teilen gedenkt ...

Doch, doch, der Einstieg ist durchaus flott inszeniert, kurz darauf aber beginnt es dramaturgisch zu klappern, bis Haußmann endlich den Fokus seiner Geschichte auf den eigentlichen Clou geschärft kriegt: Zeisig wird von Stalin als Hitlers Leibastronaut verkannt – und spielt mal wieder eine Rolle. Nicht nur, daß mühselig und recht ungeschickt auf die Pointe hingearbeitet wird, sie verraucht rasch durch geradezu erschreckende Verharmlosungen, besonders dann, wenn es für das Durchkommen des umtriebigen Zeisig im Wortsinn Opfer gibt. Weil Haußmann das knarrende Konstrukt scheinbar selbst wahrnimmt, läßt er die erklärende Offstimme von nun an in den Dauerbetrieb gehen, wobei er übersieht, daß Michael Bully Herbig einfach der falsche Mann mit dem falschen Ton im falschen Film ist. Er kann nun mal jenseits von Dialektspielen und Gesichtsakrobatik nicht genug, um eine solche Geschichte zu tragen. Da hilft auch Herbigs kunstbetonte Krausestirn wenig.

Dieses Manko könnte auch der Grund sein, warum Haußmann sich dann doch lieber auf das ewig-akribische Vorbereiten und das nicht minder aktive Ausbreiten von ihm als irre witzig empfundener Lachbeilagen konzentrierte. Dazu zählen sattgehörte dialektisch-gefärbte Walter-Ulbricht-Einlagen, das auf die Mauer vorausgreifende Auftürmen von Zuckerwürfeln durch den Spitzbart, das Breitpalavern der Lieblingsvokabel aller Russisch-Schüler (ja, genau, Dostoprimetschatjelnosti). Nun denn, Subtilität und Zwischentöne waren Leander Haußmanns Sache nie, aber das Naiv-Historisierende, was einst an SONNENALLEE so wunderbar griff, zieht hier einfach nicht mehr, weil mit einem Hoppla! drüber weggegangen wird, wenn mal wieder ein Übersetzer Stalins ausgedient hat und erschossen wird, oder wenn Zeisig einem „echten“ Juden den Paß und somit die Chance aufs Überleben abluchst.

In vielen Momenten wirkt HOTEL LUX allenfalls wie der Streich eines großen Jungen, der sich trotz zählbarer Gags frech die Hände reibt und so gern den ewig jugendlichen Anecker gibt. So bleibt nur das große Seufzen: Was hätten wohl ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.