Originaltitel: HOTEL RWANDA

Südafrika/GB/I 2004, 121 min
Verleih: Tobis

Genre: Drama, Polit

Darsteller: Don Cheadle, Nick Nolte, Joaquin Phoenix, Sophie Okonedo

Regie: Terry George

Kinostart: 14.04.05

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Hotel Ruanda

Aufwühlendes Drama vom Menschsein in unmenschlichen Zeiten

Auf dem Plakat steht, daß es sich um eine wahre Geschichte handelt. Dieser Vermerk ist eigentlich nicht nötig. Vielleicht ist er aber auch Ausdruck einer gewissen Unsicherheit der Filmemacher. Unsicher, ob nicht schon wieder zu schnell zu viel vergessen wurde, Unsicherheit darüber, ob man nicht schon wieder wegsieht. Gemeint ist die gesamte sogenannte zivilisierte Welt, der politisch wie sozial halbwegs stabile Westen also. Der auch damals vergaß und wegsah. Als gerade mal vor zehn Jahren innerhalb von drei Monaten im Bürgerkrieg in Ruanda über eine Million Menschen ermordet wurden.

Tutsis und sogenannte gemäßigte Hutu waren die Opfer der regierenden Hutu-Milizen. Es wurde in doktrinärer Willkür und in stumpfsinniger Unmenschlichkeit geschlachtet, gemetzelt und verraten. Und Schuld, daß es soweit kam, trifft viele - gerade in der Politik: auch Bill Clinton, der das Engagement der USA in internationalen Friedensmissionen genau in dieser Zeit einschränkte. Oder die damalige, in der öffentlichen Wahrnehmung immer nur charmante, resolute und kluge US-Außenministerin Madeleine Albright, die durch verschleppendes Taktieren bei wichtigen Entscheidungen das Töten nicht rechtzeitig stoppte. Und schließlich den jetzigen UN-Generalsekretär Kofi Annan, der in seinem damaligen Posten als Untergeneralsekretär hätte enormen Einfluß nehmen können und doch nur den Abzug der UN-Truppen und die Ausreise ausländischer Bürger veranlaßte.

Doch Terry Georges aufwühlender Film über den zuerst zweifelnden, optimistisch hoffenden und schließlich offenen Auges und vollen Mutes handelnden Hotelier Paul Rusesabagina ist keineswegs ein (nur) politischer Film. Vielmehr ist es eine bewegende Erzählung über Menschsein in unmenschlichen Zeiten, über echte Courage, Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft - ganz ohne Berechnung. Tatsächlich wollte Paul die anfänglichen Zeichen nicht erkennen. Da war seine Frau Tatjana, eine Tutsi, schon wachsamer. Als schließlich Freunde und Nachbarn nachts von Militärs verschleppt werden, Pauls und Tatjanas kleiner Junge Roger blutüberströmt nach Hause kommt, begreift er endlich den Ernst der Lage. Die einzige Chance, sich und seine Familie zu retten, sieht er in dem Hotel, das er als Manager leitet. Doch bald reichen dessen Räume nicht mehr aus. Paul gewährt zahlreichen Verzweifelten, Verängstigten und Traumatisierten Unterschlupf. Doch zu viele sind auf der Flucht vor den wie im Rausch mordenden Milizen ...

Natürlich erinnert einiges an die Geschichte von SCHINDLERS LISTE, wobei es schon einen gravierenden Unterschied gibt: der deutsche Großindustrielle Oskar Schindler nahm Juden erst einmal aus rein ökonomischen Interessen bei sich auf. Paul kann und muß aus einem großen, reinen Herzen heraus helfen, er agiert aus dem unversiegbaren Gefühl großer Hoffnung, aus einem beinahe fatalen Uneigennutz. Paul ist Mensch, durch und durch.

Terry George erzählt von diesem ungewöhnlichen Menschen: mitreißend, zu Tränen rührend, beklemmend. Er opfert seinen "Helden" in keinem Moment der drögen Ikonisierung. Dafür taugt auch schon die Besetzung nicht: Don Cheadle verkörpert Paul mit verletzlichem, weichem Gesicht als schmalschultrigen, so gar nicht heroischen Retter.

Eine wichtige Frage ist aber, gerade nach diesem Film: Wieviel veränderte sich nun wirklich? Wer hat was bitter erlernt? Nachdem alle westlichen Politiker erst in absurd unsinniger Weise stritten, ob dieses unrühmliche Kapitel der modernen Geschichte nun Genozid genannt werden dürfe (Was bitte war es denn sonst?), anschließend bei unzähligen Landesbesuchen um Vergebung gebettelt haben und dann das Versprechen wie in Stein meißeln ließen, daß so etwas nie, aber auch nie wieder passieren dürfe, bleibt nur die gallige Erkenntnis: It’s history repeating. 2005 schauen wir auf den Sudan, Kongo ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.