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How I Ended This Summer

Duell in der Arktis

Wer sich angesichts des Titels und des mauen Wetters draußen hier einen „Ersatzsommer“ auf der Leinwand – mit Sonne, Strand und türkisblauem Meer – erhofft, der muß enttäuscht werden. Hier bekommt man es eiskalt mit einem arktischen Sommer zu tun, der, wenn er wettertechnisch denn etwas Gutes hat, einem deutlich vor Augen führt, wie eisig ein Sommer andernorts wirklich werden kann. Und man hat wohl selten menschenfeindlichere Landschaften gesehen als die zerklüfteten Felsen der arktischen Insel, welche diesem bereits auf der Berlinale 2010 für positive Resonanz sorgenden Psychodrama aus Rußland zum Schauplatz dient.

In dieser Einöde aus grauem Stein gehen zwei Männer ihrer Arbeit als Meteorologen nach: Pavel hat eben erst sein Studium abgeschlossen, und wenn er nicht gerade schläft, vergräbt er sich hinter seinen Kopfhörern, hört laute Rockmusik und nutzt die Bauten der veralteten Wetterstation als seinen ganz eigenen Abenteuerspielplatz. Sergej dagegen ist um die 50, ein Veteran in seinem Job und fungiert in dieser Konstellation zwangsläufig als strenger Aufseher des ungestümen Pavel. Zusammen führen sie Messungen durch, deren Ergebnisse sie in regelmäßigen Abständen per Funk an eine Zentrale weitergeben.

In diesem Funkverkehr bleibt wenig Platz für persönliche Nachrichten, doch hin und wieder kommt eine durch. Als Sergej gerade fischen ist, muß Pavel einen so persönlichen wie schrecklichen Funkspruch entgegennehmen: Sergejs Frau und kleiner Sohn wurden bei einem Unfall lebensbedrohlich verletzt. Pavel weiß, daß diese Nachricht die Zeit, bis ein Schiff die beiden in unabsehbarer Zeit endlich abholen kommt, zur Hölle auf Erden machen wird und verschweigt aus Angst seinem Kollegen zunächst die schreckliche Kunde. Doch damit macht er alles nur noch schlimmer ...

Als dann schließlich doch die metaphorische Bombe platzt, und Pavel die schlimme Nachricht nicht länger für sich behalten kann, beginnt ein zermürbendes Katz-und-Maus-Spiel, dessen Ende so überraschend wie konsequent ist.

Ein hervorragend gespieltes, atmosphärisch starkes Thriller-Drama um zwei Menschen am Ende der Welt, die an die Grenzen ihrer psychischen und physischen Belastbarkeit geführt werden. Sicherlich kein typischer Sommerfilm, aber nichtdestotrotz ein beeindruckendes Kinoerlebnis.

Originaltitel: KAK YA PROVYOL ETIM LETOM

Rußland 2010, 130 min
Verleih: Fugu

Genre: Drama, Thriller

Darsteller: Grigory Dobrygin, Sergej Puskepalis

Regie: Aleksei Popogrebski

Kinostart: 08.09.11

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...