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I Used To Be Darker

Von der Liebe und was daraus werden kann

Familien sind die komplexesten Gebilde, die eine Gesellschaft hervorbringen kann. Nirgends anders sind Menschen trotz unterschiedlichster Bedürfnisse so eng verbandelt. Nirgends anders kann Glück so intensiv sein und sich kurze Zeit später so brutal ins Gegenteil verwandeln.

Bill und Kim müssen viele Jahre glücklich gewesen sein. Ihre 18jährige Tochter Abbey jedenfalls ist ein Beweis ihrer Liebe. Doch nun stehen sie vor den Trümmern ihrer Ehe. Während Kim ganz ruhig ihren Kram zusammenpackt, ist Bill noch dabei herauszufinden, wie er mit dem Abschied umgehen soll. In dieses Chaos platzt Taryn, Abbeys Cousine aus Irland. Sie glaubt, sich bei Tante und Onkel ausheulen zu können, findet aber eine zerrissene Familie, in der jeder seine eigenen Wunden zu lecken hat.

Der Regisseur Matt Porterfield, der schon mit seinen vorherigen Filmen HAMILTON und PUTTY HILL feinfühlig in Amerikas Vorstadteinöden eingedrungen ist, erzählt mit I USED TO BE DARKER ganz unaufgeregt von der Liebe und was daraus werden kann. Mit der Zeit stellt sich heraus, daß die Eltern irgendwann mal die gleiche Leidenschaft geteilt haben müssen: Musik. Während Kim weiter auf kleinen Bühnen in abgerockten Bars ihre Lebensweisheit in melancholische Folksongs verpackt, hat Bill die letzten Jahre das gemeinsame Heim finanziert. Man fragt sich, was sie einst zu diesem großen Haus mit Pool bewogen hat, an dessen Bürgerlichkeit ihre Beziehung nun zerbricht.

Dabei kommt Porterfields Film ohne große Dramatik aus. Vielmehr erzählt er mit dezenter Kamera, was es heißt, sich mit verletzter Seele durch den Alltag zu stehlen und irgendwie klarzukommen. Nur manchmal, zum Beispiel, wenn Bill im leergeräumten Keller ein trauriges Liebeslied singt und danach seine Gitarre in tausend Einzelteile zerlegt, brechen tiefer liegende Schichten auf.

I USED TO BE DARKER ist wunderschönes amerikanisches Arthouse-Kino mit poetischen Bildern und Musik, die das Innenleben der Figuren nach außen weht. Die beiden Hauptdarsteller sind Sängerin Kim Taylor und Musiker Ned Oldham, der Bruder von Country-Legende Bonnie Prince Billy. Der Film versucht nicht, Vergangenheit aufzuarbeiten, sondern konzentriert sich auf das Hier und Jetzt. Beim Anblick dieses schmerzhaften Loslassens bekommt man eine vage Idee vom Glück, das diese Familie einst zusammengeschweißt haben muß.

Originaltitel: I USED TO BE DARKER

USA 2013, 90 min
Verleih: Arsenal Institut

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Kim Taylor, Ned Oldham, Hannah Gross, Deragh Campbell

Regie: Matt Porterfield

Kinostart: 16.01.14

[ Claudia Euen ]