Originaltitel: AFRICAN CATS

USA 2011, 92 min
FSK 6
Verleih: Disney

Genre: Dokumentation, Natur

Regie: Keith Scholey, Alastair Fothergill

Kinostart: 19.04.12

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Im Reich der Raubkatzen

Die Savanne faucht und maunzt, der Zuschauer schluchzt und staunt

Die junge Mara und ihre Mama Layla sind echte Familientiere. Sorgsam ist der Umgang im Groß-Clan mit Patriarch und vielen Verwandten. Man ißt gern fleischhaltig, lümmelt zu Mittag gemütlich im Schatten, schaut den Bälgern beim Raufen zu. Doch dann hat Layla einen Unfall. Einen Jagdunfall. Layla verletzt sich, und die Probleme gehen los. Zumal miese Artgenossen vom Nachbar-Clan anfangen, Streß zu machen. Wollen die doch ihren weitläufigen Garten auch noch auf das Territorium von Maras Sippe ausdehnen …

Und so menschlich menschelnd das alles vielleicht klingen mag: Klar, es geht hier um Tiere. Große Tiere mit scharfen Krallen und Zähnen. Es geht um Raubkatzen, um Löwen vorrangig. Und nebenher noch um Geparden und Leoparden und Hyänen, und was da sonst noch so durch die afrikanische Savanne streift.

IM REICH DER RAUBKATZEN ist dabei weniger eine Tier-Doku, als vielmehr eine Tier-Doku-Soap. Aber wen überrascht das schon? Schnurrt doch diesbezüglich gerade auch im Kino schon seit geraumer Zeit eine Sentimentalisierungs-Maschine. Wird zu Land, zu Wasser und in der Luft die Tierwelt von Kamerateams okkupiert. Zivilisatorischer Fortschritt: Bei diesen Großwildjagden werden nicht mehr die Viecher, sondern Bilder von ihnen geschossen. Und diese Bilder holen dann die Wildnis heim ins Reich menschlicher Emotions-Parameter. Mit pathetischer Dudeldei-Musik und einer Stimme auf der Tonspur, die nach dem weitgereisten und welterfahrenen Onkel klingt (Interessante Nebensache: Noch nie hat in derlei Filmen eine Frau die Bilder zugequatscht!). Einem Onkel, der seinen staunenden Neffen von seinen Abenteuern und Wissen kündet.

Gott, ist das dröge! Und zum Teufel: Ja, das kann schon mal faszinierend sein. IM REICH DER RAUBKATZEN nämlich sind die Bilder oft schlicht mitreißend. Da rast etwa bei der Jagd die Kamera neben Geparden her – und das in einer glatten, scharf fokussierten Bewegung, als hätte man mit den Kätzchen vorher geprobt und sowieso den Savannenboden für Kamerafahrten mit Schienen ausgelegt. Zuzutrauen wäre das den Disneys, die hier wieder mal bestens manifestieren, was sie alles können. Und womit sie immer wieder nerven. Es sei denn, man teilt den menschelnden Blick aufs Tier. Dann ist IM REICH DER RAUBKATZEN nicht nur zum Staunen, sondern auch zum Schluchzen.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.