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Immer nie am Meer

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Antonin Svoboda hat sich mit diesem Film einen Herzenswunsch erfüllt und ein absurdes Kammerspiel für drei Herren in einem Faradayschen Käfig inszeniert. Ein Auto kommt nachts von der Straße ab und bleibt schließlich zwischen zwei Bäumen stecken. Was zunächst aussieht wie Glück im Unglück, erweist sich schnell als Sturz in ein metallenes Gefängnis. Der Wagen hat sich so verkeilt, daß sich keine der Türen öffnen läßt.

Der Zufall oder eben das ach so abgedrehte Drehbuch wollen es, daß es sich bei dem Fahrzeug um den ehemaligen Dienstwagen des österreichischen Ministerpräsidenten Kurt Waldheim handelt, der mit einem defekten Schiebedach und einer Rund-um-Panzerung zur Falle wird. Es versteht sich von selbst, daß im Wald weder Handys Empfang haben, noch irgendjemand die drei Verschwundenen ernsthaft vermißt. Das liegt nicht zuletzt daran, daß alle drei Männer eher unsympathische Exzentriker sind.

Svoboda entwickelte den Film, den er selbst als Psycho-Groteske bezeichnet, gemeinsam mit seinen Darstellern. Den Österreichern sind wahrscheinlich vor allem Grissemann und Stermann ein Begriff, die mit ihren Radioshows auf FM4 und diversen Kabarettprogrammen inzwischen Kult geworden sind. Der gebürtige Hamburger Heinz Strunk beackert im wahren Leben ähnliche Felder wie die beiden Ösis, singt darüber hinaus aber auch noch. Hier mimt er einen erfolglosen Stand-Up Comedian Schwanenmeister, der als Anhalter von den beiden Wiener Grantlern mitgenommen wird. Am Steuer sitzt der frisch von der Gattin verlassene Geschichtsprofessor Baisch, auf dem Beifahrersitz schnarcht sein depressiver und völlig betrunkener Schwager Anzengruber, der sich, sobald er wach wird, wieder seiner Lieblingsbeschäftigung hingibt: der psychischen Demontage seiner Umwelt. Schwanenmeister findet sich unversehens in einer Arena der Eitelkeiten und Gemeinheiten wieder, braucht aber nicht lange, um sich zu akklimatisieren. So beginnen die drei Komödianten mit wachsender Begeisterung, alle Nuancen des Lagerkollers auszuspielen. Ihre einzigen Requisiten sind ein paar Flaschen Prosecco, eine Schüssel Heringssalat und drei übergroße Egos, die bald die Luft zum Atmen knapp werden lassen.

Um es knapp zu halten: mit diesen Zutaten hätte man einen schönen, knackigen Kurzfilm zaubern können, über die lange Distanz geht dem Trio Infernal leider schnell die Luft aus. Schade, denn der Schluß ist wirklich grandios.

Österreich 2007, 88 min
FSK 12
Verleih: Arsenal

Genre: Schräg, Komödie

Darsteller: Dirk Stermann, Christoph Grissemann, Heinz Strunk

Regie: Antonin Svoboda

Kinostart: 04.10.07

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.